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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928

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Heft 7
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Lohmeyer, Karl: Johann Friedrich Dryander, [1]: 1756-1812 : ein vergessener südwestdeutscher Maler
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JOHANN FRIEDRICH DRYANDER
1756-1812
EIN VERGESSENER SÜDWESTDEUTSCHER MALER
VON KARL LOHMEYER
Saarbrücken an der äußersten Westgrenze des heiligen römischen Reiches war
im 18. Jahrhundert durch seinen Fürsten Wilhelm Heinrich von Nassau (gest.
1768) zu einem bedeutsamen Kulturmittelpunkt geworden, der seine Strahlen
in fast jeder Kunstbetätigung, vorab noch in der alles zusammenfassenden Archi-
tektur, weithin auch nach Westen in die französischen Gebiete geworfen hat.
Das zeigt sich auch bei den Aufträgen des lange völlig vergessenen1 Saarbrücker
Hofmalers Johann Friedrich Dryander, der auch heute noch nicht den Einzug
in die Kunstgeschichte gehalten hat.
Von ihm kann man sagen, daß ihn zeitweilig mehr Franzosen wie Deutsche
beschäftigt haben. — Hatte er doch selbst die Ehre, die stolze Lilienkönigin der
Bourbonen, Marie Antoinette, 1785 in seiner besonders geschätzten Pastell-
kunst zu malen, ferner ist uns überliefert, daß der Maler die Königin Luise
von Preußen in ihrer Darmstädter Prinzessinnenzeit ebenfalls in Pastell ab-
konterfeit hat.
So mag es von Interesse sein, in Kürze die Laufbahn auch dieses südwest-
deutschen Künstlers einmal zu verfolgen und zu sehen, für welche Gegenden
seine Tätigkeit in Frage kommt, wer seine Studiengenossen waren und woher
er seine Einflüsse bezogen hat.
1 Der erste zusammenfassende Hinweis auf diesen, selbst in den Künstlerlexiken vergessenen
Künstler war meine Zusammenstellung in Thieme-Beckers Künstlerlexikon von 1913,
nachdem ich schon vorher kürzer in der Monographie des Barockarchitekten, J. F. Stengel,
Düsseldorf 1911, S. 47, 100, 139, 144 auf Dryander aufmerksam machte. Vgl. auch
Lohmeyer: Die Kunst in Saarbrücken, Düsseldorf 1912, S. 64L — Ders.: Saarbrücken
und das rheinisch-fränkische Barock. — Die Woche 1919, Heft 10. —Ders.: Saarbrücker
Denkmals- und Museumssorgen, Saarbr. Ztg., 12. Jan. 1925, Nr. 42 u. a. O. — Die Darm-
städter Barockausstellung 1914 brachte dann drei Werke des Künstlers. Dabei war auch
das auf meine Veranlassung ausgestellte Saarbrücker Familienbild der Bruch im Stiefel.—
1926 veranstaltete der Leiter des Saarbrücker Heimatmuseums, H. Keuth, eine Ausstellung
von einer Reihe der in und um Saarbrücken selbst erhaltenen Werke Dryanders. Darüber
berichtet er selbst in der Saarbrücker Landeszeitung vom 10. Jan. 1926, Nr. 9, und Hoenes
in der Saarbr. Ztg., Nr 12, vom 13. Jan. 1926.
Die Hauptquelle für diese Ausführungen bildet der Künstlernachlaß Dryanders auf dem
Sensenwerk in Saarbrücken im Besitz der Nachkommen gleichen Namens, vor allem
auch die vielen Skizzen und Stiche aus seinem Studien- und Arbeitsmaterial, zusammen
mit zahlreichen Pastellen, Miniaturen und Ölgemälden seiner Hand, sowohl Originalen
wie auch Kopien nach anderen Meistern.
Es wird die Aufgabe der Stadt Saarbrücken sein, diesen Nachlaß geschlossen durch Über-
nahme von den Nachkommen zu erhalten und ihn vielleicht durch weitere Ankäufe, wie
solche von dem Zweig der Familie in Dillingen a. d. Saar und aus anderem Privatbesitz
noch zu verstärken, eine Absicht, die sich hoffentlich bald verwirklichen lassen wird.
Ist es doch gar nicht so häufig, daß sich derartige Künstlernachlasse aus dieser Zeit samt
dem Arbeitsmaterial an Stichen usw., treu bewahrt von den Nachkommen, in solcher
Geschlossenheit erhalten haben. — Im Anschluß an die Saarbrücker Dryander-Ausstellung
ist dann in Trierer Privatbesitz ein Tagebuch des Malers zum Vorschein gekommen, das
seine sämtlichen Aufträge leider aber nur von 1791 —1812, also bis zum Tode aufge-
zeichnet enthält. Seine Publikation, die sich hoffentlich einmal verwirklicht, wird ohne
Frage wichtige künstlerische und kulturgeschichtliche Tatsachen neu vermitteln.

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