Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928

DOI Heft:
Heft 24
DOI Artikel:
Sammler und Markt
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.41322#0845
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
SAMMLER UND MARKT

VOM AMERIKANISCHEN MARKT
Seitdem die „großen“ Händler von ihren euro-
päischen Einkaufsreisen zurückgekehrt sind,
hat man von einer ganzen Reihe von bedeuten-
den Verkäufen gehört, und es scheint, als wolle
diese Saison, namentlich seit der für das fi-
nanzielle Leben des Landes wichtigen Wahl-
entscheidung zu Beginn des November, sein-
günstig werden. Von hervorragenden Werken,
die um hohe Summen verkauft worden sind,
seien hier angeführt die drei kleinen Duc-
cios , die ich hier seinerzeit mit einem vierten
zusammen veröffentlicht habe1 und von denen
zwei Mr. Rockefeller jun., den dritten Mr.
Mackay um, wie es heißt, 4ooooo $ pro Slück
von Duveens erworben haben. Diese enorme
Summe wird nur überboten durch die halbe
Million, die ein amerikanischer Sammler (das
Gerücht sagt, der Finanzminister Mellon) für
Reyno lds reizvolles, ganzfiguriges Bildnis
der Miß Betty Compton aus dem Besitz des
Lord Chesham an Knoedlers bezahlt hat.
Diese Summe schlägt selbst Lawrences „Pin-
kie“ und nur der „Knabe in Blau“ von Gains-
borough ist teurer gewesen. Diese fabelhaften
Summen aber beweisen wieder, wie beliebt die
englische Bildnisschule des 18. Jahrhunderts
hierzulande ist, und daß gegen sie selbst die
großen Weltmeister kaum auf kommen kön-
nen. Für Lawrences Bildnis des bekannten
englischen Diplomaten Lord Gastlereagh zahlte
Jacques Seligman seinerzeit ca. 22000 $
in London. Das schöne Werk ist nun herüber-
gekommen und wird wohl bald einen Lieb-
haber um einen entsprechend höheren Preis
finden. Knoedlers, die sich auf der Holford-
Auktion die zwei Rembrandts gesichert
hatten, haben dieselben jetzt herübergebracht
und bereits verkauft. Die Namen der Käufer
sind bisher noch nicht bekannt geworden. Die
zwei Gemälde brachten zusammen fast eine
halbe Million auf jener Auktion: „Der Mann
mit der Torah“ 245ooo $; und „Der junge
Mann mit dem gespaltenen Kinn“ 220000 $.
Dieselbe Firma kaufte auf der Holford-Auk-
tion das lebensgroße Porträt des Gian Carlo
dei Medici von Susterman um den hohen
Preis von 65ooo $. Auch dieses Werk ist be-
reits verkauft. Von Kleinbergers wurde
jüngst der Verkauf der großen bekannten Al-
legorie des Vermeer van Delft aus dem
ehemaligen Besitz des Dr. Bredius an den
Großsammler Colonel Michael Friedsam ge-
meldet.
1 Cicerone 1928, Heft 10.

Die Tätigkeit der New Yorker A uktion St-
il äus er hat auch wieder begonnen, ohne daß
bisher etwas von besonderer Bedeutung auf
den Markt gekommen wäre. Jedoch stehen
einige Versteigerungen von hohem Werte un-
mittelbar bevor. Auf den bisher abgehaltenen
fanden besonders frühamerikanische Kunst-
möbel gute Abnahme zu hohen Preisen,
ln den American Art Galleries fand am
7. und 8. November die Versteigerung der um-
fassenden Sammlung des Bischofs Török —
Handzeichnungen alter und moderner Mei-
ster — statt, in der sich eine Anzahl recht
wertvoller Blätter befand. Dr. Leporini, Ku-
stos der Albertina, hatte den trefflich aus-
gestatteten Katalog verfaßt und die Zuschrei-
bungen begründet. Das Hauptstück der
Sammlung war eine lebendig feurige Pferde-
studie von Tizian zur Schlacht von Cadore
aus der Sammlung W. König, die von Dr. L.
Fröhlich-Bum im Jahrbuch der kunsthistori-
schen Sammlung 1927 veröffentlicht worden
ist. (Siehe Abb.) Unter anderen mit Blättern
vertretenen Meistern seien angeführt Dürer
und Rembrandt. hinter den modernen Meistern
fanden sich deutsche von Joseph Koch, Ge-
nelli, Schnorr von Carolsfeld bis zu Corintii
und Kokoschka. Eine Reihe der Blätter
stammte aus der Albertina.
Von ungewöhnlicher Bedeutung ist die in
Kürze in den American Art Galleries
zur Versteigerung gelangende Waffen - und
Rüstungssammlung aus verschiedenem
Besitz, so aus dem Dresdner Johannaeum, dem
Schloß des Fürsten Radziwill und anderen
Schlössern. Der von Kennern vorzüglich bear-
beitete und mit 46 Tafeln versehene Katalog,
der u.a. auch die Signaturen von 75 Waffen-
schmieden in einer Liste bringt, führt als wich-
tigste Stücke die folgenden an:
Nr. 201: Portugiesische Sturmhaube, graviert
und vergoldet, vom Jahr 1675, ehemals in der
Rüstkammer der portugiesischen Könige; viel-
leicht ein Unicum;
Nr. 270: Italienische Sturmhaube aus der Mitte
des i4. Jahrhunderts aus der Rüstkammer
eines Schlosses auf einer Insel im östlichen
Mittelmeer, die im i5. Jahrhundert von den
Türken erobert worden war. Eines der selten-
sten Stücke und Clou der Sammlung. Helme
dieser Art finden sich auf italienischen Gemäl-
den des Trecento (siehe Abb.) ;
Nr. 289: Sächsisches Schwert, reich dekoriert,
aus dem Jahre i58o, ehemals dem Kurfürsten
Christian I. gehörig; von Experten als Arbeit
809
 
Annotationen