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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928

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Friedländer, Max J.: Zu Jan van Scorel
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https://doi.org/10.11588/diglit.41322#0091
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ZU JAN VAN SCOREL

VON MAX J. FRIEDLÄNDER

Vor Jahren habe ich auf den Bilderbestand aufmerksam gemacht, der auf
Schloß Herdringen in Westfalen erhalten ist. Die gräfliche Familie Fürsten-
berg bewahrt dort eine in sich geschlossene, ererbte Sammlung, die durch ein
altes Inventar höchst merkwürdig beleuchtet wird. Zum Teil stammen die
Gemälde von der im 16. Jahrhundert in Utrecht blühenden Familie van Lock-
horst. Ein Mitglied dieses Geschlechtes, Hermann, wurde Jan van Scorels
Gönner in Utrecht, wie uns van Mander erzählt. Sein Bildnis von van Scorels
Hand wird auf Herdringen bewahrt. Ich habe es in Oud Holland publiziert
(Jahrg. XXIII, Heft 1).
Weiter ist in jenem Inventar ein Flügelaltar von Jan van Scorel beschrieben,
mit dem Einzug Christi in Jerusalem, mit Heiligen auf der Innenseite und den
Herrn van Lockhorst auf der Außenseite der Flügel. Eben diesen Altar er-
wähnt van Mander, indem er erzählt: Aus Italien heimgekehrt, entschloß sich
der Maler in Utrecht zu bleiben bei einem Dekan vom alten Münster mit
Namen Lochhorst, einem Edelmann und Kunstliebhaber. Für ihn malte er
verschiedene Bilder in 01- und Wasserfarbe, dabei einen Palmsonntag, also
einen Einzug Christi, mit einer Ansicht von Jerusalem im Hintergründe, ein
Flügelbild, das von den Freunden des Dekans als Yotivbild in die Utrechter
Domkirche gestiftet wurde. —- Nach diesem Flügelaltar habe ich im Vertrauen
auf das Inventar in Herdringen gesucht, hatte damit aber keinen Erfolg.
Nun hat W. Cohen1 die Mitteltafel — mit der Stadtansicht im Grund — auf-
gefunden auf Schloß Hugenpoet im Besitze des Freiherrn Maximilian Fürsten-
berg und hat seine erfreuliche Entdeckung in überzeugender Darstellung ver-
wertet. Nach dem Gesetz der Wahrscheinlichkeit ist das im gräflich Fürsten-
bergschen Besitz vermißte Bild identisch mit dem im freiherrlich Fürstenberg
sehen Besitz auf getauchten. Dies um so sicherer, als noch ein im Inventar
von Herdringen beschriebenes Gemälde auf Schloß Hugenpoet bewahrt wird2.
Seit kurzem kenne ich auch den einen Flügel des Altares. Er befindet sich in
österreichischem (Tiroler) Adelsbesitz (Abb.). Auf der einen Seite die Heiligen
Sebastian, Gertrude und Christoph, auf der anderen Seite kniend als die Stifter
drei Herrn van Lockhorst, zwei Domherren und ein Ritter. Bei jedem Stifter
ein stehender Heiliger, nämlich der Evangelist Johannes bei dem ersten Dom-
herrn, Anna selbdritt bei dem zweiten, der als Hermann, van Scorels Gönner,
leicht zu erkennen ist —- nach dem Einzelbildnis in Herdringen —, endlich
ein heiliger Abt bei dem Ritter. Unterhalb der Donatoren eine aufschluß-
reiche Inschrift mit folgendem Wortlaut:
GHISBERTVS LOCHORST IACEO SCOLASTICVS ANTRO SI BENE QVID
SEKVI NVC BORA MESSIS ERIT. ani Christi mccccliii
HERMANVS DE LOCHORST SACRI ORDINIS TEMPLI TRAIECTEN
DECANVS ATQ NVPER HVIVS SACRE SVMME EDIS
CANONICVS AMORIS AC PIETATIS STVDIO EKITA AGNATOS IN
MEDIO ECCLESIP SEPVLTOS STATVAM
1 Festschrift für Clemen, S. 412 ff. und Oud Holland 1927, S. 25ff.
2 Nämlich der von Cohen publizierte Jan de Cock — nach mündlicher Mitteilung der
Gräfin Fürstenberg an W. Cohen.

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