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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928

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Rundschau
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Vincent van Gogh Die Zugbrücke. Arles 1888
Aus der Van Gogh-Ausstellung bei Paul Gassirer, Berlin

RUNDSCHAU

AUSSTELLUNG GOTISCHER KUNST IM
KÜNSTLERHAUS BERLIN
Die gotischen Bildteppiche des Klosters Wien-
hausen haben im vorigen Heft des Cicerone die
Verdiente Beachtung und Würdigung gefun-
den. An dieser Stelle sollen zur Ergänzung
die Objekte nachgetragen werden, die in der
Ausstellung des Künstlerhauses den Wienhau-
sener Stickereien gleichsam als Folie hinzuge-
sellt worden sind. Müßig die Frage, ob die die
Ausstellung abrundenden Stücke den Wand-
teppichen an Qualität ebenbürtig sind. Die
Reihe der Teppiche wird durch große deko-
rative flandrische Gobelins aus dem Anfang
des 16. Jahrhunderts abgeschlossen, die be-
reits aus dem Gebiet des Gotischen in die Re-
naissance hinüberreichen. Eine Folge von vier
mit Silber durchwirkten Teppichen mit Dar-
stellungen aus der Laurentius-Legende ver-
bindet gotisch archaisierende Motive mit ober-
italienischen Schmuckformen der Renaissance,
während der Teppich mit der Darstellung
Amors vor dem Richterstuhle (Abb.: Goebel,
Wandteppiche I., Abb. 2/16) nicht nur formal,
sondern auch bildinhaltlich ganz der Renais-

sance angehört. So sind die Grenzen der Aus-
stellung weitergespannt, als ihr Titel „Gotische
Kunst-‘ vermuten läßt.
Unter den Skulpturen sind die beiden Werke
des Tilman Riemenschneider an erster
Stelle zu nennen. Die Relieftafel, Christus im
Hause Simons, vom rechten Seitenflügel des
Münnerstädter Altars von 1/190 bis 1/192, ein
Frühwerk des Meisters, ist schon seit langem
bekannt und gerade- in letzter Zeit in den bei-
den Büchern über Riemenschneider von Ju-
stus Bier und Hubert Schrade eingehend ge-
würdigt worden. Anders die wahrscheinlich
aus der Creglinger Zeit des Meisters (um i5o4)
stammende Madonna mit Kind (Abb.), die
sich durch meisterhafte Behandlung des Hol-
zes als eigenhändig legitimiert.
Weiterhin: ein halblebensgroßer stehender Ko-
ni g mit Schild, der an den Meister des
schönen Brunnens in Nürnberg erinnert, in al-
ter Fassung,’ ein Laute spielender Engel
aus der Schule des Veit Stoss; eine Kreuzab-
n all me mit Christus und Joseph von Arima-
thia, wohl Fragment einer größeren vielfigu-
rigen Arbeit, gegen Ende des i5. Jahrhunderts

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