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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928

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Heft 3
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Kunst-Literatur
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KUNST-LITERATUR

HANS MACKOWSKY: GOTTFRIED
SC HA DOW. Bd.I.: Jugend und Auf-
stieg 17G/1 bis 1797. Mit 102 Tafeln und
7 Abb. im Text. G. Grote. Berlin 1927.
Bezeichnend für das Sinken der Kunstauffas-
sung im Verlaufe des 19. Jahrhunderts, daß
man Rauch über Schadow stellen konnte, ob-
wohl Schadow der geschichtlich wichtigere und
sinnlich bedeutsamere Bildner war. Rauchs Ar-
beiten wurden gleich nach seinem Tode im
Rauch-Museum gesammelt, und bald begann
jene umfangreiche Biographie zu erscheinen,
die sich inzwischen auf fünf Bände auswuchs.
Erst heute liegt ein verwandtes Unternehmen
für Schadow vor. Mackowskys Band, auf den
man wartete, der aus langjähriger Bemühung
stammt, behandelt nur die erste, fruchtbarere
Hälfte jenes glücklichen Lebens und setzt den
Einschnitt kurz vor 1800. Die drei Jahrzehnte
des 19. Jahrhunderts, die auf den ungehemm-
ten Aufstieg hin politische Erschütterungen,
geistige Krisen und neue Forderungen brach-
ten, sollen im zweiten Band behandelt wer-
den. Aus genauer Kenntnis des alten Berlin,
durch Heranziehung von Faszikeln des Gehei-
men Staatsarchivs, mit Hilfe weiterer Provin-
zial- und Familienarchive, vor allem aber durch
Benutzung des handschriftlichen Nachlasses
von Schadow selber wird ein höchst intimes
Lebensbild und somit ein Zentralgeschehen
des künstlerischen, damaligen Berlin entwickelt.
Nach Art älterer Monographien wird nicht auf
eine erschöpfende Analyse vor allem der Werke,
der Verobjektivierungen selber losgesteuert,
sondern haarscharf erst mal der bloße Trä-
ger vorgenommen: Schadows äußeres Leben
wird mikroskopiert. (Zu diesem stillen Ver-
folgen der Lebensintimitäten hätte man sich
aber nicht so öffentlich monumentalisierender
Lettern bedienen sollen, die in jeder Zeile
nach Groß- und Weltgeschichte schreien, den
Text so maestoso betonend, daß er nun weit-
schweifig erscheinen kann, zumal wenn man
bedenkt., daß mit dem zweiten Band uns nahe-
zu tausend Seiten entgegenwuchten werden.)
Durch solchen Druck werden schon die Ab-
bildungen bedrängt, auf deren Vermehrung
man diese Monumentalisierungsbedürfnisse vor
allem hätte konzentrieren sollen (auch mehr
Detailaufnahmen!). Der intim nachverstehende
Text beginnt bei den Ahnen, gleitet zu Haus
und Schule, zum Unterricht bei Tassaert, zur
Flucht, der römischen Zeit, der Heimkehr, der
Hofbildhauerstellung, dem Freundeskreise.
Nun erst (aus S.177) treten die Werke mehr
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in den Vordergrund, deren Entstehungsge-
schichte, deren Aufbau, deren Wirkung auf
die Zeitgenossen (letzteres immer von beson-
senderer Wichtigkeit für jeden kunstwissen-
schaftlich Interessierten) genau b handelt wer-
den. Ein genaues, gediegenes Werk, das der
Verleger nur in viel zu lastendes Gewand ge-
kleidet hat.
WALTER WEIDMANN: FRANZ KRÜGER.
Mit 107 Abbildungen. Bruno Cassirer. Ber-
lin 1927.
Das Buch ist knapper als Mackowskys „Scha-
dow“ (und nicht durch Dickpapier und große
Lettern in veraltete Monumentalität einge-
packt, man kann es also beim Lesen in der
Hand halten). Der bedauernswerte Verfasser
aber wurde mit einer anderen buchtechni-
schen Instinktlosigkeit, der ebenfalls grundsätz-
lich einmal entgegengetreten werden muß, be-
dacht. Krüger gehört zu denjenigen Malern,
die, dem Geist von 1800 treu bleibend, tast-
bare Herausmeiselung der Form erstrebten,
präzises Funkeln der plastischen Zeichnung er-
reichten, die Gemälde kristallscharf, die Ober-
flächen wie in köstlicher Politur erstrahlen
lassen. Indem im Buche nun durchgehend
mattes Papier genommen wurde, wird der
klare Charakter sämtlicher Oberflächen gebro-
chen, die etwas Stumpfes, Kreidiges, Angelau-
fenes bekommen. Damit hat man, einer mü-
den Bestrebung aus der Dekadenz von 1900
folgend (ausgerechnet heute, wo in der nach-
expressionistischen Malerei Freude an kristal-
lischer Oberfläche wieder erwachte), den ge-
schichtlichen Charakter der Ivrügerschen
Bildhaut gefälscht. Neues Material, ein neues
Buch würde erstrahlen, wenn man die zweite
Auflage auf ein Papier setzte, wie es etwa für
die Abbildungen von Runge (Insel) oder von
Kobell (Bruckmann), um beliebige Meister
verwandter Faktur zu nennen, genommen
wurde. Es muß grundsätzlich klar werden,
daß jenes Mattpapier nur für solche Malereien
anzuwenden ist, deren Wesen vorwiegend auf
Tonstufung beruht. Sehr verdienstlich ist, daß
fast die Hälfte aller Arbeiten Erstveröffentli-
chungen darstellen. Den klaren Text dankt
man Weidmann, der 1924 über „Krüger als
Porträtmaler“ promovierte. Der Verfasser setzt
die Frühzeit in wreit besseres Licht. Die Opern-
platzparaden leitet er von Vernets kurz zuvor
entstandener und in Berlin ausgestellt gewe-
sener „Fahnenweihe“ ab. Mancherlei Briefe
und Erinnerungen werden herangezogen, so-
 
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