Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928
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Heft 2
DOI Artikel:Cohen, Walter: Alte Malerei aus rheinisch-westfälischem Privatbesitz: zur Ausstellung in Düsseldorf
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bundene holländische Sammlung Wittenhorst, über die zuerst Max J. Friedländer
in Oud-Holland 1905/1906 berichtet hat, findet man Näheres im Katalog.
Eindrucksvoll auf der Ausstellung ist besonders der große Oberlichtsaal mit
Gemälden der Altniederländer, obschon bei mehreren von ihnen der schlechte
Erhaltungszustand erschreckend zutage tritt. Am meisten bei jenen drei Teil-
stücken des Utrechter Altares von Jan van Scorel, dem Mittelbilde aus Hugen-
poet und den zwei Flügeln aus Tiroler Besitz, die Max J. Friedländer in dem
Aufsatze dieses Fleftes veröffentlicht. Der »Einzug Christi in Jerusalem«, aus
dem wir hier (Abb. S. 60) die allem Anschein nach authentische Ansicht von
Jerusalem wiedergeben — wir wissen durch Karel van Mander, daß der
Maler das Heilige Land besucht hat-—, würde unendlich gewinnen, wenn der
Besitzer sich entschließen könnte, das durch die unerhört kühne Diagonal-
komposition so eindrucksvolle Gemälde1 einem vorsichtigen Restaurator aus-
zuliefern. Es scheint mir sicher zu sein, daß unter den dicken Übermalungen
der oberen Bildpartien noch
Reste der alten Malerei vor-
handen sein dürften. Rein-
malerisch gehört diese gegen
1525 entstandene Stadtan-
sicht zum Schönsten, was die-
sem führenden Niederländer
des 16. Jahrhunderts je ge-
glückt ist. Man vergleiche,
um den fast unglaublichen
Vorsprung Hollands für alles
Malerische bereits in der Re-
naissancezeit zu erkennen,
Stadtansichten aus gleichzei-
tigen Bildern der Oberdeut-
schen. Es ist ein Unterschied
wie zwischen Delacroix und
Emanuel Leutze! (Den ich
nenne, weil er seine Meriten
hat, höher steht als etwa
Wilhelm v. Kaulbach.)
Das Scorel - Problem konnte
natürlich bei einer räumlich
so beschränkten und territo-
rial begrenzten Ausstellung,
für die auch auf das regel-
mäßige Publikum des Kunst-
vereins Rücksicht genommen
1 Abbildungen in der Festschrift
für Paul Clemen, in Oud-Holland
1927, S. 23ff., und in der »Wo-
chenschau«, Verlag Girardet,
Essen, 1928, Nr. 2.
Jakob Cornelisz
Die Jünger von Emmaus