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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928

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Wendland, Hans: Expertisenhandel oder Kunsthandel?
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https://doi.org/10.11588/diglit.41322#0101
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und schließlich stellt er sich nicht ganz ohne Berechtigung auf den Standpunkt, daß der Samm-
ler, der nur auf Grund der zu liefernden schriftlichen Expertise eines Dritten kauft, die Mei-
nung des Verkäufers nicht achte, daher auch keinen Anspruch auf seinen aufrichtigen Rat habe.
Aus allen diesen Gründen verdient das Verfahren an französischen Museen Nachahmung, wo
die Kunsthistoriker die Abgabe von schriftlichen Expertisen an Händler ablehnen. Die Sprech-
stunde der Museumsdirektoren würde so wenigstens von der großen Zahl derer gemieden, die
die Kenner mit schlechten Bildern überlaufen in der Hoffnung, sie doch einmal zu einem
Fehlurteil bewegen zu können, das sich geschäftlich verwerten läßt. Diesen Leuten steht der
Expert, der kein Honorar nimmt und durch sein Amt jedermann zugänglich ist, jetzt schutzlos
gegenüber. , | ' | H
Alle diese Unzuträglichkeiten würde der Expert vermeiden, der die Ausstellung von Scheinen
ablehnt. Wer ihn besucht um der Belehrung willen und weil er seines Rates bedarf,
braucht ja auch keinen Schein. Es ist auch nicht einzusehen, welches berechtigte öffentliche
Interesse den Dokumentenbetrieb an den Museen entschuldigt, liegt jedoch ein öffentliches
Interesse vor, so müßte der Staat eingreifen und Experten ad hoc anstellen. Nach meiner per-
sönlichen Meinung würde sich eine solche staatliche Institution durch Inflation der Papiere
zwar bald ad absurdum führen, aber dann wäre das Publikum wenigstens geheilt und einer ver-
nünftigen Einschätzung der Werte wieder zugänglich.
Kürzlich erschien ein Aufsatz, worin die Ausfuhr alten Kunstgutes beklagt und ein eigentüm-
liches Mittel dagegen vorgeschlagen wird: die weltberühmten deutschen Experten sollten
ausländischen Händlern, die aus Deutschland Kunstwerke ausführen, zur Strafe die Exper-
tisierung von Bildern verweigern. Nichts beleuchtet das Krankheitsbild besser als dieser Vor-
schlag. Die Verwirrung ist eben schon so groß, daß viele Leute meinen, sie, die Experten .mach-
ten aus freiem Ermessen den Holbein oder Rembrandt erst zu einem echten Bilde und sonst
sei das Bild für den Kunsthandel unverwendbar, gleichsam ein Scheck, der die Unterschrift
noch braucht.
Kein Expert kann einen Rembrandt machen, nur Rembrandt selbst war dazu imstande. Der
Expert kann nur einen falschen Rembrandt machen und es ist nicht einzusehen, warum nur miß-
liebige Ausländer und nur zur Strafe von solchen Danaergeschenken ausgeschlossen sein sollen.


Geschnitztes und lackiertes Kanapee mit Aubusson -Tapisserieüberzug. Zeit Louis XV.
6 Fuß 3 inches lang. / Aus der in den American Art Galleries stattgehabten Versteigerung der
Kunstsammlung der verstorbenen Mrs. W. Salomon

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