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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928

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Heft 3
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Meier-Graefe, Julius: Edouard Manet: zur Ausstellung in der Galerie Matthiesen
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https://doi.org/10.11588/diglit.41322#0116
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den Claude Monet. Auch noch andere. Damals blühte unser Weizen, und
Paris hatte das Nachsehen. Ohne Moreau-Nelaton wären wohl auch das »De-
jeuner sur Fherbe« schließlich zu uns gekommen. Man hatte es 1898 Berlin
für 30 000 Franken angeboten. Kurz darauf sicherte es sich Moreau-Nelaton,
und mit seiner Stiftung kam das herrliche Bild 1907 an den Louvre.
Der Weltkrieg unterbrach nur für auffallend kurze Zeit diese Kommunika-
tion. In den ersten Jahren nachher kam viel zweideutiges Zeug, das mit mehr
oder weniger Berechtigung den Namen Manet und sonst nichts trug, herüber.
Diese Periode liegt schon wieder hinter uns. Wenn alles ebenso flott ginge,
könnte man nicht klagen. Ich will damit nicht sagen, daß nicht eine Unmenge
Fälschungen bei uns herumwimmeln. Eis gibt aber wieder Käufer ernsthafter
Werke.
Die Ausstellung der Galerie Matthiesen ist mit bewundernswerter Umsicht und
Energie zusammengebracht worden. Als man mir vor einigen Monaten von
der Absicht erzählte, riet ich ab, da mir die Realisierung unmöglich erschien,
befinden sich doch heute alle Hauptwerke in festen Händen. Das glückliche
Resultat verdient alle Anerkennung. Es ist der Galerie gelungen, vom Louvre
den »Balcon« und das hier wenig bekannte, überaus kostbare Zola-Bildnis zu
erhalten ^ vom Petit Palais das kleine Bildnis Durets, von den Museen in Oslo,
Kopenhagen und Stockholm außerordentlich wertvolle Leihgaben, darunter
die köstliche Ansicht der Weltausstellung von 1867, eine der glücklichsten Er-
werbungen des begabten Oslo-Direktors Jens Thiis; dann die schöne Fassung
der Erschießung Maximilians (Kopenhagen), den Birnenschäler, den einst Zorn
für Stockholm erwarb, und das großartige Fischstilleben, das einmal in deut-
schem Besitz und ein damals arg verkannter Wert war. Man kann diesen Museen
nicht genug danken, ihre Interessen hintenangesetzt zu haben, um die Demonstra-
tion eines deutschen Händlers zur Verherrlichung Manets zu unterstützen. Es ist
ein sehr nobler und verständiger Standpunkt, in der Hergabe solcher Werke »ein
wichtiges Glied der Kulturpropaganda« zu sehen, wie es in einem am letzten
Dezembertage erschienenen Aufsatz des »Stockholms Dagblad« hieß. Nur
wenige deutsche Sammlungen teilen diesen Standpunkt. Außer Bremen, von
wo das schöne Bildnis gekommen ist, und Hamburg, das allerdings nicht die
Nana beigesteuert hat, haben sich die öffentlichen und privaten Sammlungen
sehr zurückgehalten. Es bedarf keines Kopfzerbrechens, um zu begreifen, daß
man kostbare Werke nicht gern spazieren schickt und daß nicht die geringste
Verpflichtung besteht, die Propagandagelüste eines Händlers zu unterstützen.
Auch der Altruist wird sich den Fall gründlich überlegen und solange zögern,
bis der Nachweis eines nicht nur für den Händler, sondern für die Allgemeinheit
nützlichen Unternehmens erbracht ist. Dies vorausgesetzt, und die Unterlagen
dafür waren in diesem Fall reichlich gegeben, halte ich die Beteiligung für
einen der Öffentlichkeit schuldigen Tribut. Wenn irgendwo soziale Tendenzen
zu entscheiden haben, so auf diesem von Rechts wegen ideellen Gebiet. Der
auf der Kunst sitzende Besitzer ist ein wenig erfreulicher Anblick. Wenn aber
ein Besitzer sozialen Erwägungen unbedingt zugänglich sein müßte, ist es der
Staat, dessen Werke nicht dem Direktorium des Museums, sondern allen ge-
hören. Für den Staat hat der Geldwert der Werke keine Bedeutung, und nur
der ideelle Nutzen kommt in Frage. Mit der in manchen Museen üblichen,

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