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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928

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Heft 3
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Meier-Graefe, Julius: Edouard Manet: zur Ausstellung in der Galerie Matthiesen
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die in ihm gesammelte
Farbe erbracht und durch
das, was die Natur in sein
Äußeresiegte. Die Natur-
treue muß sehr groß ge-
wesen sein. Trotzdem ich
Zola erst 50 Jahre später
kennenlernte, verblüffte
mich noch die Ähnlich-
keit. Wunderbar sind die
Hände gezeichnet, zumal
die linke. Frau Zola besaß
einen Abguß der schönen
Hand des Dichters. Man
hatte das Gefühl, im Bilde
das Leben des Organs zu
sehen, dessen Form der
Abguß festhielt.
Zwei in ihren Neigungen
und Gesten sehr verschie-
dene, im Grunde nicht un-
ähnliche Menschen sind
in dem Werke zusammen-
gekommen. Die Schön-
heit des Bildes beruht auf
der machtvollen Organi-
sation höchst vielseitiger
Mittel, die zu einem Typus
führen. Man erkennt die
Entwicklung des Typs in
früheren Bildnissen, z. B.
dem Astruc des Bremer
E. Manet / Porträt der Pariserin (M^e. Guillemet). Ca. 1880 Museums, der geradezu
Edouard Manet-Ausstellung der Galerie Matthiesen, Berlin Vorstufe ZU dem Zola
gelten kann. Das Mittel ist reicher und die Beherrschung viel sicherer ge-
worden. Es bedroht den Maler nicht mehr, aus einem Bild zwei zu machen.
Das Leben, das in dem Astruc ungeordnet wuchert, ist mächtig konzentriert
und vollkommen geschlossene Erscheinung. Auch Zolas Stärke beruht auf der
großartigen Energie, mit der er sich organisierte.
In Manets Bildnismalerei verdrängt die Malerei das Bildnis. Er ist kein Seelen-
leser und will es nicht sein. Nur das Äußere zieht ihn an, und er rechnet mit
der natürlichen Verschlossenheit des modernen Menschen. Wer darin nur die
Kälte des Unbeteiligten findet, übersieht die Noblesse der Diskretion. Viel-
leicht waren ihm die Frauen, deren Gesten noch freier sind, dankbarere Mo-
delle. Er hat sie alle gemalt, die vornehme Dame, die Bourgeoise, die Grisette
und die Kokotte, hatte Sinn für ihre Art und erfand verallgemeinernde Mittel
für ihre Sonderheiten. In den Bildern nach Berthe Morisot hat der kühle Be-

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