Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928
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Heft 4
DOI article:Wolfradt, Willi: Monet und der Impressionismus: zu den Ausstellungen der Berliner Galerien Thannhauser und M. Goldschmidt & Co.
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Claude Monet Frau Monet am Strand. 1870
schlossenes Gesamtbild seines Schaffens zu geben, besiegelte eine Epoche, es
fakturierte gleichsam das Historische des Impressionismus. Indem wir uns den
Weg und die überlebende Leistung seines repräsentierenden Meisters nun ver-
gegenwärtigen, können wir uns, aller kämpferischen Vorbehalte einer anders
gerichteten Zeit schon enthoben, rezeptiver denn je zu Monet und seinen Ge-
fährten stellen.
Auch eine von Polemik gegen den Impressionismus freie Betrachtung dürfte sich
heute doch am stärksten von dem Frühwerk des Malers angesprochen fühlen,
das geradezu als vorimpressionistisch zu bezeichnen ist. Die deutsche Be-
setzung von Argenteuil 1870 scheucht den dort ansässigen jungen Künstler
nach Holland. Von hier aus besucht er London. Vor Turners gleißenden Licht-
visionen und Feuerwirbeln erfährt er den entscheidenden Ruck. Der Pleinairist
wird geboren, Antrieb zu einer möglichst sprühenden Hellmalerei atmo-
sphärischen Leuchtens empfangen. Solange sind die Bilder Monets und aller
Kameraden aus der Lehre Gleyres und dem Cafe Guerbois noch braungrau ge-
bändigt und dunkeltonig verhalten, jedenfalls weit davon entfernt, die Form
in schimmernden Dunst zu hüllen oder gar vom bunt zitternden Licht zer-
setzen zu lassen. Von Anfang an ist in ihnen die Freude am Hüpfen farbiger
Flecken. Aber ein Malen in fleckigen Andeutungen, in kursorisch tupfender
Manier, hatte es ja immer schon gegeben, in Venedig und in Haarlem, bei
Goya und Fragonard, bei Leuten wie Bonington und Boudin, die der Zeit
immerhin geläufig waren. Mit Boudin war Monet schon als Jüngling be-
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