Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928
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https://doi.org/10.11588/diglit.41322#0165
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Heft 4
DOI Artikel:Wolfradt, Willi: Monet und der Impressionismus: zu den Ausstellungen der Berliner Galerien Thannhauser und M. Goldschmidt & Co.
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Sisley
Landschaft. 1886
Ausgestellt bei M. Goldschmidt & Go., Berlin
berauscht schillernden und hackenden Pigments ist vorerst wenig zu spüren.
Auch bei M. Goldschmidt gibt es einen Monet aus diesem Stadium, den »Hafen
von Rouen«.
Schon die Darstellungen des Bahnhofs St. Lazare von 1877, deren eine Thann-
hauser vor Augen führt, kennzeichnen in der nun ganz impressiven Moment-
aufnahme der rauchdurchwölkten, wimmelnd belebten Halle ein weiteres.
Noch steht die dunkle Form der Lokomotiven massig da, aber sie bebt, ein
Zittern geht von ihr aus durch den ganzen Raum. Die Landschaften der acht-
ziger Jahre — wenige Stilleben mit schütter gefiederten Vögeln reihen sich nur
episodisch dazwischen — treiben dann die Auflockerung und Zerstäubung der
Faktur, das Aufgehen in verschwimmender Brillanz auf die Spitze. Aus zahl-
losen wollig verstrickten Häkchen und glitzernden Pailletten spinnt sich der
rosig moussierende Glanz der Atmosphäre und das blaugrüne Geleucht des
Meeres. Manche dieser Bilder gleichen einer Feerie, etwa der Seeblick auf An-
tibes mit der flamingofarben hingehauchten Bergkette im Hintergrund. Über-
haupt beseelt den Impressionismus, zumal den gesteigerten eines Monet, bei
aller empiristischen Gesinnung die Lust am märchenhaft Spirituellen der Farbe
und des Lichts. Man hat solches Schwelgen in der Mystik des Luminösen nicht
immer hinlänglich als die begeisternde Kraft dieser Kunst begriffen. Es tritt
bei Monet mit den neunziger Jahren in immer absoluteren Formen auf.
Eine jener für ihn so charakteristischen Serien, die dasselbe Motiv immer
wieder in anderer Beleuchtung und Stimmung vornehmen, behandelt die Ka-
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Landschaft. 1886
Ausgestellt bei M. Goldschmidt & Go., Berlin
berauscht schillernden und hackenden Pigments ist vorerst wenig zu spüren.
Auch bei M. Goldschmidt gibt es einen Monet aus diesem Stadium, den »Hafen
von Rouen«.
Schon die Darstellungen des Bahnhofs St. Lazare von 1877, deren eine Thann-
hauser vor Augen führt, kennzeichnen in der nun ganz impressiven Moment-
aufnahme der rauchdurchwölkten, wimmelnd belebten Halle ein weiteres.
Noch steht die dunkle Form der Lokomotiven massig da, aber sie bebt, ein
Zittern geht von ihr aus durch den ganzen Raum. Die Landschaften der acht-
ziger Jahre — wenige Stilleben mit schütter gefiederten Vögeln reihen sich nur
episodisch dazwischen — treiben dann die Auflockerung und Zerstäubung der
Faktur, das Aufgehen in verschwimmender Brillanz auf die Spitze. Aus zahl-
losen wollig verstrickten Häkchen und glitzernden Pailletten spinnt sich der
rosig moussierende Glanz der Atmosphäre und das blaugrüne Geleucht des
Meeres. Manche dieser Bilder gleichen einer Feerie, etwa der Seeblick auf An-
tibes mit der flamingofarben hingehauchten Bergkette im Hintergrund. Über-
haupt beseelt den Impressionismus, zumal den gesteigerten eines Monet, bei
aller empiristischen Gesinnung die Lust am märchenhaft Spirituellen der Farbe
und des Lichts. Man hat solches Schwelgen in der Mystik des Luminösen nicht
immer hinlänglich als die begeisternde Kraft dieser Kunst begriffen. Es tritt
bei Monet mit den neunziger Jahren in immer absoluteren Formen auf.
Eine jener für ihn so charakteristischen Serien, die dasselbe Motiv immer
wieder in anderer Beleuchtung und Stimmung vornehmen, behandelt die Ka-
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