Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928
Zitieren dieser Seite
Bitte zitieren Sie diese Seite, indem Sie folgende Adresse (URL)/folgende DOI benutzen:
https://doi.org/10.11588/diglit.41322#0191
DOI Heft:
Heft 5
DOI Artikel:Grohmann, Will: Die moderne Malerei in der Dresdner Gemälde-Galerie
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.41322#0191
L. Corinth Bildnis Frau Sclueiber. 1902 (100x88cm)
hätte Rayski der deutschen Entwicklung Vorschub leisten können, wenn er
nicht wie viele seines Berufs Outsider geblieben wäre. Ganz ähnlich dem
zwischen den Dresdner Romantikern und frühen Realisten stehenden Lands-
mann Ch. F. Gille, der auch erst in den letzten Jahren die verdiente Be-
achtung fand (6 Landschaften)5 oder Julius Scholz, der heute mit 9 Gemälden
vertreten ist.
Das Werk des H. von Marees ist 1921 um das »Porträt der Frau Schäuffelen« be-
reichert worden. Es ist 1872 in Dresden gemalt, etwa gleichzeitig mit dem eben-
falls vorhandenen Selbstbildnis im japanischen Mantel und kurz nach dem großen
»Bildnis K. Fiedler«, das 1869—71 auch in Dresden entstand und der Galerie ge-
hört. Die Frau Schäuffelen ist ähnlich wie ihre Tochter, Frau Koppel, mit einer
ungewöhnlichen Intensität des Ausdrucks gemalt. Das Gesicht der alten Dame
beschatten Daumiersche Heftigkeiten, und der malerische Vortrag ist von einer
zerfressenden Analyse, die mit mehr zeichnerischen Mitteln das Ziel jüngerer
Bildnismaler geworden ist. Das gleitende Rosa und Violettrosa des Gesichts kon-
trastiert seltsam mit der Schwere des dunklen Kleides und Hintergrundes.
161