Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928
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https://doi.org/10.11588/diglit.41322#0194
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Heft 5
DOI article:Grohmann, Will: Die moderne Malerei in der Dresdner Gemälde-Galerie
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O. Kokoschka Doppelbildnis. 1915 (100x90cm)
Iowa« (1909) Eigentum der Galerie. Der Charme des großen Bildes liegt in
der verblüffenden Aquarellhaftigkeit des Eindrucks, in der vom Gegenstand
diktierten Raschheit der Improvisation, in der Lockerheit der pastellhaften,
mittanzenden Farben, deren Auftrag zuweilen im Stadium des vorzeichnenden
Malens geblieben ist. Das Ganze in eine märchenhafte Theatralik getaucht, die
so echt ist, als wäre sie erfunden.
Neben diesen Größeren behaupten sich die Arbeiten des Dresdner Malers und
Akademieprofessors R. Sterl, der unbegreiflicherweise für die breitere Öffent-
lichkeit immer noch nicht existiert, und dessen Qualitäten die mancher be-
rühmt gewordenen Zeitgenossen impressionistischer Herkunft weit übertreffen.
Die »Prozession« (Abb. S. 156) stammt aus der Zeit seiner Rußlandreise 1914. An
der Wolga und in Moskau sind damals Ölbilder, Aquarelle und Zeichnungen
entstanden, die sich neben den großen deutschen Impressionisten sehen lassen
können. Die Farbigkeit dieser Arbeiten ist von einer Leuchtkraft und Vielfalt,
die Atmosphäre von einer suggestiven Überzeugungskraft, die Bewegtheit von
einer Sicherheit der Beobachtung, daß dieser Maler zum mindesten in Deutsch-
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