Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928
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Heft 7
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Niklaus Stöcklin Blühender Kaktus
Aiisgestellt in der Basler Kunsthalle
taucht erst in der jüngsten Entwicklung wie-
der auf und beruht mehr auf der reichen und
frohen Kraft der Farbe, als auf der Natur-
nähe der Form. Auch sonst ist die andeutende
Äorwegnahme späterer Entwicklungen in Früh-
werken zu beobachten. Schon eine „Sterbe-
szene“ von 1906 bereitet auf die totentanz-
hafte Auflösung der naturalistischen Formen
in den Übergangsjahren 1914 bis 1915 vor.
Aber auch der 1917 an deutscher Gotik fast
archaisierend gebildete neue Linearstil, der die
Periode des religiösen Aufschreis, die „Kreuz-
abnahme“ und „Christus und die Sünderin“
als Hauptwerke, trägt, bleibt Übergang, und
bleibend ist nur eine reserviert und zart an-
hebende, doch bald sich sehr lebhaft entfal-
tende und neuerdings zu pompöser Kraft ent-
wickelnde klare Kultur der Farbe. \on Beck-
mann theoretisch als das Sekundäre signalisiert
erscheint sie oft als das gefühlsmäßig Primäre,
als die Trägerin des ursprünglichen Empfin-
dens, das durch die konstruktive Geistigkeit
des Zeit- und Formgewissens im Bewußtsein
zurückgedrängt wurde. Im übrigen geht die
formale Entwicklung von der Zweidimensio-
nalität zur zunehmenden Bückeroberung des
Raums, der bis 1926 noch mit zäher Festig-
keit, neuerdings wieder lockerer und freier be-
handelt wird, ohne doch die gewonnene Klar-
heit und Bestimmtheit aufzugeben. Entspre-
chend scheint auch in der geistigen Haltung
die jahrelang gepflegte maskenhafte Verkru-
stung und Verhärtung des Menschlichen (siehe
etwa das „Selbstbildnis als Clown“, 1921) in
dem saturnischen Motiv einer großen Kompo-
sition von 1927 und in dem neuen „Bildnis
Zeretelli“ einer reifen Gelassenheit zu wei*
chen. Reich begleitet das graphische Werk all
diese Entwicklungsstadien, tritt aber mit dem
Jahr 1923 plötzlich fast ganz zurück.
Erich Dürr
HOLLÄNDISCHE MALEREI INDER
GALERIE BORGHESE
Am 20. Februar wurde in Gegenwart des Kö-
nigs von Italien in der Galerie Borghese eine
kleine Ausstellung holländischer Bilder, vor-
nehmlich des 17. Jahrhunderts, eröffnet. Sie
war, wie die Einleitung des Katalogs1 angibt,
bereits für das Jahr 1924 geplant, ist aber in-
folge der Schwierigkeiten, geeignete Räum-
1 R. Galleria Borghese Roma. Mostra di Ca-
polavori della pitlura olandese. MCMXXVIII.
Roma, Biblioteca d’arte editrice. XV, 112 S.,
136 Abb. 8°.
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