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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928

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Heft 7
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.41322#0276
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Cuno Amiet Selbstbildnis
Phot. Anton Krenn, Zürich
P E RS O N ALI A
CUNO AMIET
Am 28. März vollendete der Schweizer Maler
Cuno Amiet sein sechzigstes Lebensjahr.
Der beweglichste, sucherischste und mannig-
faltigste, deshalb auch derjenige unter den le-
benden Schweizer Künstlern, der seit vierzig
Jahren als Anreger und Befruchter am wirk-
samsten Avar, ist heute, nach dem Tode Ferdi-
nand Hodlers und Max Baris, der führende
Schweizer Maler. Ein Werk, das an Fülle, an
Vielseitigkeit und Frische des malerischen
Temperaments jedes zeitgenössische schweize-
rische überragt, steht hinter ihm, bedeutend
genug, ihm auch einen Ehrenplatz in der
abendländischen Kunst zu sichern. Und doch
ist der Sechziger noch keineswegs im Zenit
seines Schaffens, noch hat er, der sich eben
noch mit Elan monumentalen Aufgaben zu-
wandte, sein letztes Wort nicht gesprochen. In
ungebrochener Vitalität und Schaffensfreude
überschreitet er die Schwelle des siebenten
Jahrzehnts. Er hat sein Kapital noch nicht an-
gegriffen.

Aus der Lehre Frank Buchsers, des Solothur-
ner Malers mit den Hidalgomanieren, dem so
etwas wie ein Impressionismus schweizerischer
Art gelang, ist Cuno Amiet zu Beginn dergoer
Jahre über München und Paris nach Pont-
Aven gekommen, avo Gauguin und der junge
Neoimpressionismus ihn gefangen nahmen. In
die Schweiz zu rück gekehrt, versuchte er die
Brücke zu schlagen zAvischen dieser lichten
französischen Malerei und der germanischen
Formenstrenge llodlerscher Kunst: die ersten
durchschlagenden Werke, längst in Museums-
besitz, entstammen dieser Zeit. Wiewohl ein-
sam und abseits von der großen Straße schaf-
fend, hat sich in der Folge die EntAvicklung
Amiets in Auseinandersetzung mit allen we-
sentlichen Strömungen der europäischen Kunst
seiner Zeit vollzogen und auf dem Wege hat
der Künstler der schweizerischen Malerei je
und je den Anschluß an die großen internatio-
nalen Kunstströmungen erobert. Dabei ist er
immer Schweizer geblieben und mit seinem
Instinkt so sehr der Natur verhaftet, daß er
trotz aller Beweglichkeit nie sich an fremde
Vorbilder verlor.
In ihrer Farbenfreude und unbedingten Da-
seinsbejahung hat die Kunst Amiets etwas von
der sieghaften Schönheit eines grellen Som-
mersonnentages. Sie ist so strahlend und selbst-
verständlich und so unproblematisch Avie das
schöne Wetter. Und ganz erfüllt von dem Zau-
ber einer temperamentvollen, liebensAvürdigen
und aufrichtigen Persönlichkeit. Cuno Amiet
ist ein Künstler, der mit unbeirrbarer Sicher-
heit des Instinkts und aus voller Freude an
der Erscheinung der Dinge heraus schafft,
durch das Auge und für das Auge — ein Ma-
ler, dem das Erlebnis der Farbe an erster Stelle
steht und dem das Malen notwendige und
wohltätige Funktion seines ganzen Wesens ist.
In seiner Einfachheit und Unkompliziertheit,
in seiner Instinktsicherheit und Naturnähe ist
Amiet unserer Zeit vorbildlich. Möge er es
auch durch das lebendige Beispiel seiner Per-
sönlichkeit noch lange bleiben.
W. Baeber
Dr. Ernst ICühnel, Kustos an der islami-
schen Abteilung und Dr. Hermann Voss,
Kustos an der Gemäldegalerie des Kaiser-
Friedrich-Museums in Berlin, Avurde der Pro-
fessortitel verliehen. n

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