Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928
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Heft 8
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Constantin Meunier In den Dünen. Sign. 38 x 25 cm
Ein reizendes Dokument des Bildhauer-Malers, das durch seine Manet-Nähe überrascht.
Entstehungszeit Anfang der achtziger Jahre / Ausgestellt im Kunstsalon Herrn. Abels, Köln
ihn wohl ehedem dies plastische Herausarbei-
ten des Baus von der zuerst utopischen Kör-
persilhouette auf zu einem gewissen Pathos
der Massenkurven verführte, so gibt er sich
heute architektonisch geklärt, ohne doch eines
lebhaften Horizontalschwunges zu entraten,
der dem kubisch kühlen Gebilde eine dynami-
sche Wendung gibt. Mendelsohns Bauten wol-
len nicht immer recht klingen, aber sie haben
stets Physiognomie und ein doch seltenes 'Ver-
mögen, sie der Umgebung aufzuprägen.
Die Künstlergemeinschaft ..Porza“ lud zu
einer kleinen Ausstellung von sympathischen
Niveau, in der man neben Arbeiten von meist
aus der ..Novembergruppe“ bekannten Leuten
wie Franz Stock, Bernhard Klein und Issai
Kulviansky auch einige neue Begabungen ein-
geführt sah: Lou Scheper-Berenkamp mit
kindlichen Bizzarrerien von persönlichem
Reiz, den Plastiker Bernasconi und den Ini-
tiator des Ganzen W. A. v. Alvensleben. Aber
die Ausstellung selbst ist minder wichtig, be-
achtenswert vor allem das organisatorische Vor-
haben, das der Errichtung von Freistätten für
künstlerisch Schaffende gilt, Stiftungshäusern
in allen Ländern, wo den Mitgliedern der Ge-
meinschaft Arbeitsruhe geboten werden soll.
Das erste, eben in Porza bei Lugano, ist be-
reits im Entstehen. Auch sonst strebt man auf
europäischer Grundlage geistige Koalition mit-
tels Tagungen an. Selbst der weniger Optimi-
stische wird dem guten Beginnen nicht alle
Chancen absprechen können, jedenfalls sei ihm
die Aufmerksamkeit der Kunstwelt und der
Unterstützungspotenten gewünscht.
Wolf r ad t
MÜNCHNER AUSSTELLUNGEN
Unold / Schülein / Zerbe / Wollheim u. a.
Die Galerie Thannhauser zeigte Unolds
neue Aquarelle aus Südfrankreich. Klare,
raumweite Gestaltungen, in der Farbe aber
manchmal befremdend, etwas festgelegt auf
gewisse Abstufungen, die wiederkehren. In
seinen Ölbildern scheint mir der Maler ein-
leuchtender: emaillierender Schmelz dieser
Materie, die er meist überzeugend gestaltet,
führt dann über gewisse, auch bei kühneren
Farbkombinationen mit belegter Stimme vor
getragene Akkorde saftgebencl hinweg. — Bei
Thannhauser auch umfangreiche Ausstellung
von neueren Malereien J. W. Schüleins
(München-Paris 1927 bis 1928). Seine Arbei-
ten, gefestigter geworden, zeigen tragenderes
Bildgerüst als früher, wo sie zu wenig kom-
positionellen Halt hatten. Allgemein-europä-
ischer Stilwandlung folgend, sind die ortho-
gonal anhaltenden Bildelemente gegenüber den
diagonal ausgreifenden jetzt selbst bei Sch.in
den Vordergrund getreten, ohne daß das be-
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