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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928

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Heft 9
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Lohmeyer, Karl: Johann Friedrich Dryander, [2]: 1756-1812 : ein vergessener südwestdeutscher Maler
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https://doi.org/10.11588/diglit.41322#0330
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Hütte noch Palast mehr schonte. Und mit den herrlichen Saarbrücker Fürsten-
sitzen gingen damals auch die meisten höfischen Werke Dry anders unter oder
wurden in alle Welt als Kriegsbeute verschleudert.
Eine arme Zeit hob nun an. —- Vorerst waren Handel und Wandel unter-
graben samt der jungen hochaufgebliihten, vom Fürsten Wilhelm Heinrich ge-
schaffenen Industrie.
Dryander wurde nun der eigentliche Maler der französischen Revolutions-
armeej die zahlreichen erhaltenen Skizzen von Generälen, Volkskommissaren
usw. beweisen das. Er hat damals den späteren Marschall Lefebre, den
General Vandamne, den Stadtkommandanten von Saarbrücken Lombard, den
berüchtigten Volkskommissar Ehrmann und viele andere Angehörige dieser
Armee gemalt. Und zumeist waren es Reiterbilder, die nun entstanden1. Aber
diese Aufträge konnten den Künstler nicht befriedigen, sein künstlerisches
Interesse mußte bei diesen oft wohl mit der Pistole erzwungenen Bestellungen
nachlassen, die bestenfalls mit den fast wertlosen Assignaten, dem Geld der da-
maligen französischen Inflation, auf dessen Nichtannahme die Todesstrafe
stand, bezahlt wurden. Seine Kunst verflachte so, sein Interesse nahm ab,
war doch sein eigentlicher Lebensnerv mit dem Hofe verschwunden und seine
zweite Auftraggeberin, die ehemals reiche Saarbrücker Bürgerschaft hatte an-
dere Sorgen, als sich malen zu lassen, denn sie war völlig verarmt und be-
drückt durch die immer wiederkehrenden Kontributionen und Plünderungen.
— Wohl kamen auch jetzt noch allerhand andere Aufträge. So hat sich damals
eine wohlhabend gewordene Saarlouiser jüdische Handelsfrau Marks hinter
ihrem Ladentisch, ihre Ellenware schneidend, abmalen lassen. Aber das Bild
gehört zu den schlechtesten des Malers überhaupt. — Aus Saarlouis und seinen
französischen Familien, aus dem nahen Lothringen kamen dazu weitere Auf-
träge, aber das eigentliche bodenständige Element, seine Mitbürger und die
alten Beamtenfamilien, die seine Kunst sonst mitunterstützt hatten, mußten
nun vollkommen ausscheiden, bis in einer, der unsern ganz ähnlichen Zeit
einzelne Familien, die es verstanden, den Wirrwarr auszunutzen und über
den Parteien zu stehen, schnell zu neuem Reichtum gelangten. Das waren
vor allem die Holzhändler, allen voran die Wahlster von Bietschied, dann auch die
St. Johanner-Familien Röchling und Koehl. Von ihnen gingen Dryander, als es
wieder ruhiger geworden war, etwa von 1796 ab, neue und lohnendere Be-
stellungen zu. So hat er den Bietschieder Gutsherrn Wahlster zu Pferde ge-
malt, wie er seinem Rentmeister Rebenack Befehle erteilt, mit ihm den jungen
Verwandten Pflug, dieses durch Holzhandel und Grundstückspekulation aus
den versteigerten Nationalgütern überreich gewordenen Herrn, während im
Hintergrund ein Floß, die Mitursache des neuen Reichtums, das Holz zum Rhein
nach Holland zu fährt. — Dies Werk hat sich in Wiesbaden bei seinen Nach-
kommen erhalten.
Aus einer der andern Holzhändlerfamilien, den Koehl, entsproß ihm gar in
Anton Koehl ein Schüler, der sich auch im Kupferstechen versucht hat. -—-
1 Vgl. Mireur, Dict. des ventes d’art II (1902). — Gemälde von Dryander von franzö-
sischen Revolutionsgeneralen waren vor dem Kriege in Lille noch vorhanden. Zwei
miniaturartige Aquarelle aus der Zweibrücker Herzogsfamilie befinden sich jetzt im
Schloßmuseum, Mannheim.

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