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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928

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Heft 10
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Sammler und Markt
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Harunobu Historienbild. 1765 (77,4x53,2 cm)
Versteigerung der Sammlung Slraus-Negbaur am 5. und 6. Juni bei Paul Cassirer, Berlin

SAMMLER UND MARKT

VOM MÜNCHNER KUNSTMARKT
Auch in diesen Wochen, in denen noch große
Bestände deutschen Kunstgutes auf dem ame-
rikanischen Markt festgehalten sind, können die
führenden Münchner Kunsthandlungen reiche
Schätze vorweisen. Am besten ist in München
die alte Malerei vertreten. Von der Zeit der
Primitiven bis zur Hochblüte des Barock fin-
den sich erlesene Proben aus fast allen euro-
päischen Malerschulen.
Da ist bei Julius Böhler neben einigen ita-
lienischen Primitiven die prachtvolle thro-
nende Madonna von Botticelli, ein Jugend-
werk des Künstlers. A on schwarzem Grund
hebt sich leuchtend der goldfarbige, reich or-
namentierte Thron ab, der wiederum den Hin-
tergrund bildet für das matte Blau des Man-
tels der Madonna und das glühende, tiefe Ilot
ihres Kleides. Von ähnlicher Kultur der Farbe
und von einer tiefgehenden seelischen Charak-
teristik ist das männliche Porträt des Andrea
del Sarto. Eine Reihe hochwertiger holländi-
scher Bilder schließt sich an die Italiener an.
Am glücklichsten wohl die schöne Landschaft
des Vermeer van Haarlem und das köstliche In-
terieur von Pieter de Hooch mit den um einen
Spieltisch gruppierten Figuren. Die spanische
Schule ist vertreten durch ein großes Bild des
Murillo, einen Tempelgang, und durch eine
malerisch delikate Maja von Goya. An plasti-
schen Werken stellt Böhler zur Zeit neben zwei
romanischen Madonnen aus Süddeutschland

eine schöne lebensgroße Steinmadonna aus, die
dem burgundischen Kunstkreise und der Mitte
des i5. Jahrhunderts angehört. Auch eine sorg-
fältig durchgebildete Terrakottabüste des Mino
da Fiesoie, ein Werk von hohem künstleri-
schem Wert, ist zur Schau gestellt. Von der
Hand Tilrnan Riemenschneiders findet sich
eine zierliche Alabaster Statuette der hl. Magda-
lena. Eine überlebensgroße Terrakottagruppe
von drei Putten, eine Arbeit von Clodion, ver-
tritt die französische Plastik des 18. Jahrhun-
derts. Die über alle Räume verstreute reich-
haltige Kollektion guter Möbel aus allen Stil-
perioden gibt dem Hause Böhler eine beson-
ders eigenartige Note.
Das Haus A. S. Dr ey bringt eine Anzahl kost-
barer alter Bilder zur Ausstellung. Neben eini-
gen schön erhaltenen italienischen Primitiven
fällt hier vor allem das einzigartige weibliche
Bildnis von Bernhard Striegel auf. Wohl sel-
ten ist auf einem altdeutschen Bilde der stoff-
liche Reiz eines reich verzierten gotischen Ge-
wandes mit ähnlicher Meisterschaft wiederge-
geben worden wie auf diesem Bilde des schwä-
bischen Meisters. Eine kleine, ruhig abgetönte
Anbetung des Kindes von Hans von Kulm-
bach schließt sich zeitlich an das Striegelsche
Porträt an. Von ganz besonderem Reiz ist ein
trefflich erhaltenes, phantastisches Bild des
holländischen Meisters Hieronymus Bosch.
Nachdrückliche Erwähnung verdient auch die
schöne Flußlandschaft von Philips de Köninck,

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