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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928

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Heft 22
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Rundschau
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Aristide Maillol Venuskopf. Bronzerelief
Ausgestellt in der Maillol-Ausstellung der Galerie Flechtheim, Berlin

fällt durch Geschlossenheit der Komposition
auf, Rhythmus der Gebärde, diskret noble Far-
bengebung. Das ansprechendste Werk ungari-
scher Kunst in dieser Ausstellung, wenn viel-
leicht auch weniger ungarisch empfunden, als
die im Heimatsboden verwurzelten, von star-
ker Sinnlichkeit erfüllten, farbenleuchtenden
Skizzen von Csök und Vaszary. Von Kolo Mo-
ser ein dekorativer Halbakt vor dem Spiegel,
aufgebaut aus vertikalen Parallelführungen
und Kontraposten bei größter Geschlossenheit
der Bildteile. Faistauer in vierteiligem Akt-
bilcl „Rhythmus einer Frau“ schlicht und be-
herrscht. Auch des jungen Dobrowsky soll hier
gedacht sein, dessen „Akt vor Spiegel“ in bran-
stigem Rot, Schwefelgelb und stumpfem Blau
bemerkenswertes malerisches Können offen-
bart. Unter den Zeichnungen wären einige
schöne Blätter von Klimt und Schiele zu ver-
merken.
Zum Gedenken an den zehnten Todestag des
letzteren, neben Kokoschka einst die größte

künstlerische Hoffnung Jung-Österreichs, hat
der Hagenbund im Verein mit der „Neuen Ga-
lerie“ und dem Kunstsalon Würthle eine um-
fassende Ausstellung des Werkes veranstaltet.
Dabei ist im Hagenbund die malerische Tätig-
keit Schieies in den Vordergrund gerückt wor-
den, während sich die Ausstellungen der bei-
den Kunsthandlungen auf (mitunter auch
aquarellierte) Zeichnungen beschränkten.Deut-
lich treten die Beziehungen des jungen Mei-
sters zu seinem Lehrer Klimt und Kokoschka,
seinem Mitschüler, hervor, dem Schiele nicht
nur äußerlich, sondern auch innerlich ver-
wandt ist. In den zerfressenen Farben, dem
giftigen Grün, dem krankhaften Rosa, der
klimtisch-dekorativ auf gebauten späten Möd-
linger Landschaft fühlt man sich unwillkür-
lich an gleichzeitige Bilder (auch Bildnisse)
Kokoschkas erinnert, an die auch das kränk-
lich Morose von Schieies Gestalten gemahnt.
Doch hat bei Schiele im Gegensatz zu Ko-
koschka, der um 1918 seinen dekorativen Stil

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