Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928
Zitieren dieser Seite
Bitte zitieren Sie diese Seite, indem Sie folgende Adresse (URL)/folgende DOI benutzen:
https://doi.org/10.11588/diglit.41322#0802
DOI Heft:
Heft 23
DOI Artikel:Rundschau
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.41322#0802
Henri Matisse Fenster in Nizza
Mit Genehmigung von Alex Reid & Lefevre Ld., London / Aus der Ausstellung
»Ein Jahrhundert französischer Malerei« hei M. Knoedler & Co., New York
ist eine im Blassen wie im Robusten gleich
unbestimmte und bestimmungslose Kunst, ver-
legen, dumpf und zeitvorbei.
Gino v. Finetti, nach ihnen in der Kunst-
kammer ausgestellt, hat aktuelle Themen:
Sport und Tanz. Gestus und Elan der Bewe-
gung sind oft frappant gefaßt, aber die wattig
zerzupfte, buntschillernde Malerei kommt an
sie nur von außen heran, — sie ist unsport-
lich, untänzerisch, Zuschauermalerei.
Eine Wiederbegegnung mit Anton Fai-
stauer, den die Kunsthandlung V. Hart-
berg eingeladen hat, überzeugt unläuglicher
als jede frühere von den koloristischen Qua-
litäten, die den schweren Ton dieser Bilder
reich bewegen, durchbluten und aufleuchten
lassen, ohne ihn je zu sprengen. Die Farbe, wie
sie auch angefacht ist, bleibt immer um Bin-
dungen bemüht, um eine verbindende Ge-
wichtigkeit, um Aufbau und Einfassung. Sie
respektiert den recht einfach geführten For-
menumriß, sie sucht den Einklang mit einer
unauffälligen, aber desto gründlicheren Bild-
glifcderung. Stilleben und Landschaft lassen
solche Werte besonders zur Geltung kommen.
Leider gibt sich Faistauers Pigmentierung im
766
allgemeinen etwas mühsam, zähe und filzig.
Man wundert sich, daß nicht einmal die per-
spektivisch gestrafften Arbeiten aus den letzten
Jahren recht klingen mögen. Es liegt an der
unkristallinischen, mitunter fast breiigen Tex-
tur. Cezanne streitet sich hier oft mit Schuch.
Einige luftiger behandelte, beschwingtere
Stücke, etwa die Ansicht von Ajaccio, von Gar-
done, beweisen, daß die Befreiung dieser
Kunst möglich ist und daß sie angestrebt wird.
Noch ist älplerische Kulturverschollenheit in
ihr. Wolfradt
MAILLOL IN BERLIN
Zum erstenmal wird das Werk dieses gro-
ßen französischen Bildhauers in Deutschland
groß ausgestellt.— Die Galerie Flechtheim hat
gemeinsam mit Harry Graf Keßler, einem der
ersten und treuesten Freunde des großen Bild-
hauers, eine Ausstellung veranstaltet, die nicht
nur allein die Kleinbronzen, die in Deutsch-
land schon bekannt sind, zeigt, sondern auch
eine Reihe großer und überlebensgroßer Werke.
Um den großen französischen Kollegen zu
ehren, hat sich ein Komitee gebildet, dem
außer dem Grafen Keßler die deutschen Bild-