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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928

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Heft 11
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Rundschau
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kapitalfesten Kreise der Schweiz selbst gegen-
über dein Expressionismus noch einnehmen,
zum andern aber im innern Wesen der Rasse,
dem Maß und Haltung näher liegen, wie der
Schrei.
Die Galerie Forter zeigt einen jungenSchwei-
zer Maler Max Hunziker, der seine Motive aus
Südfrankreich holt und der Gefahr nocli nicht
entgeht in der malerischen Tradition zu plät-
schern, die die Großen nun einmal jener Ge-
gend auf gedrückt haben.
Die Galerie W o 1 f e n s b e r g e r bringt Tiroler
Heimatkunst.
R. Bernoulli veranstaltet im Kupferstichkabi-
nett der Technischen Hochschule eine ausge-
zeichnete Darstellung der Goyaschen Gra-
phik. — Hervorgehoben seien einige Bil-
der Hermann Hubers im Zürcher Kunst-
baus und hei Wolfensberger. Vier Gruppen-
bilder, die diesen Winter in Berlin entstan-
den. Huber ist in den letzten Jahren nicht
der Gefahr entgangen, die in zu rascher Pro-
duktion liegt. Nun meldet sich eine neue in-
tensive Sammlung. Ein Zurückgehen auf Ju-
gendeindrücke, die aber von dem malerischen
Weg, der zurückgelegt wurde, durchtränkt
sind. Die renoirhafte Skala wird unterdrückt.
Merkwürdige Schraffierungen legen sich fast
wie ein Raster über das Bild. Der Horizont
schneidet nicht mehr über den Köpfen ah und
es ist nicht die Familie allein, der sein Inter-
esse gilt, sondern Versammlungen anonymer
junger Leute, die wie Bäume aus dem Boden
wachsen und sich in geschwisterlichen Um-
armungen begegnen. Über den frischen Kör-
pern, die Elastizität in den Muskeln haben,
liegt eine gewisse Melancholie. Ihr Weg ist
unbestimmbar. Sie scheinen sich auf einer In-
sel zusammengefunden zu haben, die sie von
der Zeit abgetrennt hat. Ihre Gesundheit fin-
det keine Ventile.
Gewiß, es wäre undenkbar, in diese Bilder die
agressive Form eines Autos zu stellen und es
ist kein Zufall, daß der Maler an einem Ort
einen Wagen andeutet, den die Kurven der
Pferde ausklingen lassen. Es ist zeitlose Male-
rei, in der die Tradition eines Jahrhunderts
lebt. Man soll die edlen Inseln in der Zeit nicht
vergessen, denn es gibt sehr wenige. Was Hu-
ber gibt, ist wirkliche malerische Materie und
handwerkliche Durchdringung, die immer
mehr verschwindet. Giedion
NEW YORK
Aus der Überfülle sich ständig drängender
und verdrängender Ausstellungen, die die
zahlreichen, sich mehr und mehr jetzt auf
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„moderne“ Kunst einstellenden Salons und
Händler von Woche zu W oche bieten — es gab
sogar eine solche modernen Kunstgewerbes in
einem der großen Warenhäuser! — seien hier
nur einige wenige mit ein paar Worten ange-
führt : bei Wilden stein sah man eine be-
deutsame Kollektion von Werken Cezannes
und später Skulpturen von Bildhauern ver-
schiedener Länder, unter denen einige sehr
feine Arbeiten Kolbes waren. In den New
Galleries stellte ein Neger, Archibald J.
Motley, aus. Ihm war auf unzweifelhafte per-
sönliche Begabung und ebenso unzweifelhaftes
starkes Rassenempfinden akademischer Drill
aufgepfropft worden, der seinen oft wild-
unheimlichen, also atavistische Erinnerung
ansprechenden Szenen eine seltsame „Kor-
rektheit“ und seinen Bildnissen eine gewisse
Zahmheit verlieh. Immerhin eine eigenartige
Erscheinung. Ganz er selber ist dagegen der
von Herrn Neumann stets mit Liebe immer
wieder ins Vordertreffen geführte Max We-
ber, geborener Russe, der auf eigenen Wegen
und in schwerem Kampfe aus Niederungen
sich in die Höhe zu schwingen sucht und dem
das Großmonumentale wie eine Art Erlösung
vorschwebt.
Wunder barg die erlesene Ausstellung altchi-
nesischer Gemälde bei Stephan Bourgeois.
Ach, diese Weisen, wie wird ihnen alles zu
ewiger Einheit, wie werden sie selber zu Fels
und Baum, zu Meer und Himmel und vermö-
gen deren innerstes Sein zu künden! Rein-
hardts ließen ihrer bereits in Heft 9 behan-
delten großen Ausstellung eine solche moder-
ner Franzosen folgen, die einiges Treffliche
enthielt.
Von deutschen Künstlern stellte u. a. Her-
mann Struck aus (bei Arnold Seligmann)
und eine Anzahl deutscher Künstler war in
der aus Pittsburgh hergesandten internationa-
len Carnegie-Ausstellung vertreten. Man kann
aber nicht sagen, daß die Auswahl eine be-
sonders glückliche war. Diese Ausstellung hatte
nur deswegen eine gewisse Bedeutung, weil
auf ihr erstmals sogenannte „Modernisten“,
vor allem Matisse, Preise davontrugen! Die
sich daraus ergebende, zum Teil recht bittere
Preßfehde hat den neueren Künstlern und der
durch sie vertretenen neuen Kunst nur gehol-
fen. Sie sind nun abgestempelt und anerkannt,
und so steht ihnen jetzt das große Land offen.
WEIMAR 1
Am i!\. Juni sind 100 Jahre seit dem Tode
des Großherzogs Karl August vergangen. Aus
diesem Anlaß findet im Landesmuseum in
 
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