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Die Republik — 1849

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No. 125 - No. 141 (1. Juni - 21. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44148#0503

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aber die Poſt über den Rhein am Montage nicht ans
kam, so mußte man Bewegungen von Darmſtadt aus
gegen uns vermuthen. Allein wir erhielten keine Mel-
dung. Da hörten wir am 29. früh 4 Uhr Schüſſe
vom Rhein her fallen. Sofort wurde Generalmarſch
geschlagen und die Truppen, ungefähr 300 Mann,
im geregelten Zuge aus der Stadt herausgezogen,
nachdem die Meldung eingegangen war, daß bei Gerns-
heim ein bedeutendes Korps übergesetzt ſei, in Folge
deſſen unsere Vorpoſten ſich gegen Worms hin zurück-
gezogen batten. Dieſe wurden zur Arriergarde be-
ſtimmt. Cinige Barrikaden wurden erbaut , allein nicht
um sîe zu behaupten, ſondern um dem Feinde ein Hin-
derniß in den Weg zu legen, das ihn an der ſctleu-
nigen Verfolgnng verhindern sollte. In Bobenheim
wurde zuerſt Halt gemacht und dann der Marſch nach
Frankenthal fortgesetzt. Dort erhielten wir eine Ordre
des Majors Siegel, welche uns den Rückzug bis Lud-
wigshafen anbefahl. Dieser Befehl wurde ausgeführt.
Der Rückzug war nothwendig, denn unser Häufleim,
das, trotzdem die Erpedition vom Kriegsminiſterium
anbefohlen, von den umliegenden Ortſchaften der Pfalz
nicht unterſtützt wurde, hätte ſich auf keinen Fall in
Worms halten können. Der Grund, daß wir nicht
Verstärkungen erhielten, liegt in der Forderung der
Freiſchaarenführer, daß ſie erſt gefragt ſein wollen,
ob ſie die Erpedition auch genehmigen, ehe ſie Hand
anlegen. (M.A.Z.)
Frankfurt, 283. Mai. Die Frankf. Ztg., welche
die badiſche Bewegung eine «Krähwinkelrevolution«
neunt, wacht ſich über «die Aengſten» der proviſori-
ſchen Regierung luſtig, ſetzr dann aber hinzu. «Bei-
fügen muß ich, daß Brentano die Achtung der ver-
ſtändigen Menſchen erworben hat , denn ſeine Mäßi-
g nz iſt ernſt.»
©Contrerevolution muß die Mäßigung der proviſoriſchen
Regierung eingeſtehen. Ich mache Sie deßhalb auf
dies Bekenntniß aufmerkſam, weil, wenn die Umtriebe,
die jetzt von hier aus in Baden geleitet werden, ſo

fortſchreiten, die prov. Regierung ſich bald zu Maß- -

regeln gezwungen sehen könnte, welche von der Frarkf.
Ztg. und ihrer Partei dann als republikaniſcher Terro-
rismus ausgeſcbrieen werden dürften. !
Darmſstadt, 28. Mai. Heute iſt der Belage-
rungszuſtand 1n 7 zunächſt an's Badiſche gränzenden
Landgerichten CGernsheim, Zwingenberg, Lorſch, Fürth,
Hirſchhorn, Beerfelden uud Michelſtadt) publizirt wor-
den. Wer in diesen Bezirken mit Waffen betroffen
wird, in der Abſicht, ſich den gesetzlichen Behörden zu
widersetzen, an bewaffneten Volksverſammlungen Theil
nimmt, dazu auffordert, Soldaten zum Treubruche zu
verleiten jucht, Anlagen untermivirt oder Anlagen zer-
ſtört oder beſchädigt, um militäriſche Bewegungen zu
hindern Calſo Barrikaden tc. errichtet oder Eisenbahnen
zerſtört) wird mit dem Tode beſtraft. Das Verfahren
hierbei iſt ſtandrechtlich nach Vorſchrift des Militär-
ſtrafgeſeßsbuchs. - Dieſe Verordnung gilt vorläufig
guf 4 Wochen. Gestern wurden 8 in der Bergstraße
verhaftete angebliche Emiſſäre, worunter der bekannte
Jung aus Berlin, mit Geld reichlich verſehen, hier
eingebracht und unter Gensd’armerie - Begleitung nach
Frankfurt weiter ſpedirt, dort aber von der Behörde
in ihre Heimath ſofort entlaſſen. ~– Auch ſoll den Ab-
geordneten Heldmann geſtern in Bensheim nur seine
reichstägliche Unverletzlichkent vor Verhaftung geſchützt
haben. Heute wurde Buchhändler Leske, Verleger der
«Neuen deutschen Zeitung» und des «Neven Rheinl-
schen Volksblattes», sowie Drucker zahlloſer demokrati-
ſcher Aufrufe und Plakate , unter Bedeckung hier ein-
gebracht und ins Arreſthaus gesetzt. Ohly und Andere
. ollen entflohen sein. . Worms iſt ſeit einigen Ta-
gen von den pfälziſchen Freiſchaaren beſetzt. Uebrigens
herrſcht hier vollkommene Ruhe und die Spaziergänger
ergehen ſich an dem ſchönen Pfingſtfeſte wie im tiefen
Frieden. s

Also selbſt das Organ der badiſchen

Stuttgart, 30. Mai. Die Reutlinger Volks-
Verſammlung bringt ſchon ihre [Früc te. Ein Regi-
ment nach dem andern wird von der badiſchen Gränze
zurückgezogen und ins Innere des Landes verlegt. Vor
einigen Tagen noch war laut Ausfage des Kriegsmi-
niſters die Verlegung der würtembergiſchen Truppen
an die badiſche Gränze von der Zentralgemalt geboten,
und ein ſolches Gebot mußte natÿrlich von einem kon-
ſtitutionellen würtembergiſcben Kriegsminiſter um jeden
Preis befolgt werden!! Heute ſcheint das Gebot der
Zentralgewalt weniger Werth zu haben , oder iſt es
vielleicht auch die Zentralgewalt, die den Befehl gab,
Stuttgart mit Regimentern und Regimentern zu um-
geben? — Uebrigens wird ſich der Herr Kriegsmini-
ſter täuſchen, wenu es je – wir ſagen abnettlich
«wenn» , denn wir bewegen uns ſtets auf dem geſetz-
lichen Boden, ~ alſo wenn es je in Würtemberg
heißen ſollte: «Das Volk ſteht auf, um ſeinen Willen
durchzuſetzen, denn dann werden es auch die Soldaten
sein, die zum Volke gehören. Unsere Brüder im te-
henden Heere werden mit uns kämpfen, zur Durct füh-
rung der Reicbsverfaſſung.»

Stuttgart. Herr Staatsrath Römer soll, wie
von rLeulen, die in seine Geſellſchaſt kommen, ver-
ſichert wird, einen oſtenſiblen Brief von dem bekannten
Junghanns von Baden bekommen haben, worin die
Vermittlung des Herrn Staatsraths mit dem entwiche-
nen Großberzog beansprucht werden ſaoll. (Volksw.)

Heilbronn, 530. Mai. Das an die badiſche

Gränze ausmarſcbirte 6. Infanterie-Regiment, welches

in Vaihingen und Umgegend liegt, hat alle seine Offi-
ziere fortgejagt.

Wien, 24. Mai. Der Banquier Sina erhielt
kürzlich eme Zuſckrift von der ungariſchen Regierung,
die ungefähr ſo lautet: „Da die Gräfin Czaky ſich um
das Vaterland ſehr verdient gemactt hat, ſo wolle ihr
die ungariſche Nation eine Netionalbelohnung über-
geben, und da er (Baron Sina) ſich gar nicht um
Ungarn verdient gemacht, ſo ſei dazu ſeine große

Herrſchaſt Treutſchin beſtimmt und der Gräfin Czaky

bereits übergeben worden. Er ſolle ſich daher nie mehr
unterfangen, irgend einen Anſpruch auf dieſe Herr-
schaft geltend machen zu wollen, und ſich im Uebrigen
für die Zukunft besser verhalten, da er noch ander-
weitige Herrſchaften in Ungarn beſitze.«

So müſsen revolutionäre Regierungen handeln. Und
weil die ungariſche Regierung so energiſch auftritt,
deßhalb ſiegen die Magyaren !! |

Xrankreich.

Straßburg , 25. Mai. In den Hauptſtädten
des obern und untern Elſsaſſes organiſirt man Komi-
te's für die Pfalz und Baden , die zu Geldbeiträgen,
Waffenſammlungen, Bildung einer Elſäſſer Hülfsle-
gion u. s. w. auffordern. Die Preſſe beider Rhein-
Departemente nimmt ſich lebhajt der deutſchen Nachbarn
an. In der National- Verſammlung werden die El-
ſäſſer Deputirten, Savoye an der Spitze, ein ſchützen-
des Votum beantragen. Heute reiſten die noch zurück-
gebliebenen Volksrepräſentanten ab. Mehrere derſclben
trugen Mützen, Blouſen, Knotenſtöcke, was einen be-
zeicnnendeu Kontraſt zu den Elegants früherer Zeiten
bildet.

Saargemünd, 27. Mai. Der vormalige badi-
ſche Herzog und seine Familie, welche hier durchpaſ-
ſirten, ſind von dem Unterpräfekten während ihres Auf-
enthaltes bewirthet worden. Madame Waſa die Frau
Leopolds v. Baden und einer der Ihrigen, welcher von

. einem Sprung aus dem Fenſter noch verwundet iſt,
begaben ſich nach Metz; der Großherzog nach Koblenz,

dem alten Vereinigungspunkte kontrerevolutionärer Emi-
gration. Von da ſoll er nach Belgien gegangen ſein.
Viele der monarchiſcven Flüchtlinge aus Baden geben
in Frankreich als Ziel ihrer Reiſe Amerika an z ſie
werden von den Behörden der napoleoniſchen Reyublik
 
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