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Die Republik — 1849

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No. 125 - No. 141 (1. Juni - 21. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44148#0521

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Papier, des Inhalts, daß einer zu beſagtem Zwecke
gewählten Deputation Urlaub über die Dauer der
Reutlinger Verſammlung gewährt werde. K. Iſt das
militäriſch ? Ii das nicht Meuterei? Oe. Ich kann
hierin kein militäriſches Vergehen finden. Wir haben
auf dem Dierſtwege eine Biſte an die zuſtändigen Vor-
gesetzten gerichtet und wir glaubten hier im vollen Rectt
gewesen zu ſein. K. Hören Sie, junger Mann, wol-
len Sie Ihr Vaterland in ein Unglück ſtürzen helfen,
wie Baden? Wollen Sie die armen Teuſel, Ihre Ka-
meraden, aufwiegeln, daß bei uns Zuſtände eiutreten,
wie in unſerem Nacbbarlande, wo Kommunismus (?),
Raub und Plünderung (??) herrscht und Niemand mehr
seines Lebens und Eigenthums ſicher iſt (?22]. Oe. Ich
glaube nicht, daß die Badener ſich unglücklich fühlen.
K. Der Landesfürſt mußte entfliehen. Oe. Der Groß-
herzog ilt freiwilig fort. K. Lieben Sie denn Ihr
Vaterland? Nun dann können Sie das auch nicht
wollen. Oe. Majeſtät, erwiederte ich hier, wenn mich
je etwas zu begeiſtern und zu erheben im Stande war,
ſo war es der Gedanke an mein Vaterland. Ich
möchte es glücklich ſehen, möchte Alle glückuch wissen,
die in ihm wohnen, und die Mittel, welche ich yiezu
anwandte, glaube ich ſtets vor mir und der Welt
rechtfertigen zu können. K. Was wollten Sie aber
eigentlich mit dieſer Deputation? Sehen Sie, durch
ſolche Dinge wird der Gehorſam im Militär aufgelöst,
alle Baude werden zerriſſen, und was kommt dann
am Ende heraus ? Oe. Majeſtät, wir verlangten, daß
der Soldat außer Dienſt ſo frei ſet, wie seine Brüder

im Bürgerſtande, daß derselbe nicht in jeder Bildung

zurückbleibe. Ich weiß gar wohl, daß das Malitär
ohne Gehorsam nicht bestehen kann, und Kameraden
und Vorgeſette werden mir nirgends Ungehorſam nach-
weiſen können, im Gegentheil werden die Erttern ge-
ſtehen müssen, daß ich ſie ſtets ermaynte, den |treng-
ſten Gehorſam zu beobachten. Wir verlangten aver
die Aufrechthaltung der neueſten Kammerbeſchlüſſe in
Beziehung auf das Militär und deren alsbaldige Ein-
führung ins Lebenz wir wollen das Peritions -, das
Verſammlungsrecht und das Recht der freien Preſſe.
K. Sie können ja bitten durch Ihre Vorgejetzten und
dei jeder Revue bei mir. Oe. Ja wohl, aber die
Bitte des Einzelnen verhallt oft, während die Bitte
einer Gesſammtheit immer mehr Nachdruck hat. K. Das
iſt aber ein moraliſcher Zwang. Oe. Nach dieſen
Grundſätzen wäre die Kirche uud jede Staatsform ein
moraliſcher Zwang. K. Glauben Sie mir dem For-
ſter (ein reicher Fabrikant von Gmünd, einer der itich-
tigſten, aufopferndſten Demokraten Württembergs) nichts,
er sucht junge Leute von einem lebendigen Geiſte zu
verführen und lauft bereits seit 3 Monaten ſolchen
Geschichten nach und läßt daheim Geſchäft und Ales
im Stiche. Qe. Ich kenne Forſter auch, alein ich
glaube, er wirkt nur im ehrlicbſten, offenſten Sinne –
er ermahnte uns sogar, nur auf dem Wege der Ge-
setzlichkeit zu handeln. ~ Der König fragte mich her-
nach wit der größtmöglicten Leutſeligkeit, ob ich denn
nicht gerne Soldat sei? Natürlich sagte ich nickt ja,
wenn ich mich gleich an einer dem Baterlande nütz-
lichen Stelle ſah. K. Nun, daun beurlaube ich Sie
ohne Weiteres von der Stunde an. Gesagt, gethan.
Als ich nach Hauſe kam , empfing mich der Befehl,

mich sogleich in Civil zu kleiden und meine Uniforme

fiücke abzulegen – und in einer halben Stunde war
ich frei. Gottlob, ich darf jetßt ſagen: das Pfund,
das du mir gegeben, ſtaite ich mit zehnfachen Zinſen
wieder zurück. Ich habe aus der Sclaverei des Sol-
datenlebens heraus mein freies Herz gerettet und gar

viele Andere mitgenommen. Guſtav Öelhaffen, beur-

laubter Kanonier.«

Müncheu, 3. Juni. Das preußiſche Oktroyi-
rungsprodutkt hat hier allenthalben den Eindruck der
En:xüſtung erregt; ſo daß ſelbſt unſer gutmüthiges
Spießbürgerthum , welches jeder Regierungsmagregel

bewilligten Beifall ſpendet, die Hände über dem Kopf
zusammen ſchlägt, da es in dieſer oktroyirten Verfas-
sung, die Alles beim Alten gelaſſen, die Gewerbefrei-
heit, die Ueberſledelung, die Konſumtionsſteuern (Malz-
aufſchlag) Der Centralgewalt verfüglich wahrnimmt,
und noch überdies die ſchönſte Ausſicht vor ſich ſieht,
unter dem erblichen Reichsvorſtand das sch ôöne Baiern
zu einer preuß. Provinz erniedrigt zu sehen. König
Mar ſoll jedoch ſich perſönlich auf das Beſtimmteſte
gegen dieſe preußiſche Hegemonie ausgesprochen haben
und in dieſem Sinue eine entschiedene Note abgegan-
gen sein, worin gleichwohl die baieriſche Regierung im
Uebereinſtimmung mit der öſterveichiſchen eine provi-
ſoriſoriſche Uebernahme der Sct irmherrſchaft durch den
König von Preußen auf die Dauer von 1 bis 2 Jahs
ren gerne anerkennr. Es unterliegt keinem Zweifel,
daß wenn dieſem Auſinnen preußiſcker Seits nicht will-
fahrt wird, wie es den Anſchein trägt, nachdem die
Publikation dieser Verfaſſurg ohne Baierns Zuſtimmung
bereits erfolgt iſt, daß Baiern vorerſt mit Oeſtrreich in
einen Sonderbund tritt. Die deutſche Einheit wäre
hiermit abermals auf unbeſtimmte Zeit vertagt.

Weimar, 4. Juni. So eben kehrt der Erbgroß-
herzog von |einem Kriegszvge nach Schleswig- Holſtein
zurück und wird von unserer sehr loyal geſinuten Bür-
gerwehr am Bahnhofe mit Muſik, Lebehochs und Böl-
lerſchüſſen feſtlich empfangen. Der junge Fürſt wird,
wie es heißt, nach dem Rhein eilen, ſich dort an die
Spitze eines preußiſchen Regiments ſtellen und die vom
König von Preußen octroyirte Reickhsverfaſſung mik
Waffengewalt mit durchführen helfen. Trotz dem wurde

er mit Böllerſchtiſſen und Lebehochs empfangen. O das
Bedientlenpack!

Ueber die Lage der Dinge in Oeſterreich bringt

die » Weſer- Zeitung « folgende Berichte : :
"Die Artillerie 11t die ſchwäcbſte Seite der öſter-
reichiſchen Armee in Ungarn; wir müſſen Kanonen
von den Ruſſen zu Borg nehwen, denn die ungari-
ſchen Rebellen nahmen unſere dem Fürſten Windiſchso
grätz ab. Diese ſolen in Allem an 6000 Stiick Ge-
ſchitz haben. Die kaiserlichen Truppen haben großen
Reſpekt vor der Artillerie der Aufſtändiſchen, die das
Geſchütz ausgezeichnet bedienen. Der Krieg in Ungarn
wird, im günſtigen Falle, heuer nicht entſchieden, –
Meßaros erklärte im Detail, daß die Magyaren ge-
genwärtig 420,000 Mann im Felde ſtehen haben.
Wenn man dieſer Angaee nicht glauben mag, ſo ift
vielleicht ein Wieuer Miniſterblatt zuverläſſiger, das
die Zahl der magzyariſchen Truppen, welche von der
Scbüttinſel bis in die Bergstädte ſtehen, auf 1 20,000
Mann angibt. Das iſt blos das Korps Dembinsky’s;
Görgey, Bem, Repaſſy, Perczel, Aulich haben jeder
mindeſtens 40,000 Mann, der kleineren Anführer
nicht zu gedenken. Die Russen werden ſchwerer vor-
ſchreiten, als der Czaar es verwuthet, und im Hoch
traut werden die ungariſchen Fieber ihre Reihen
chwächen. « u

Xrankreich.

Comar, 28. Mai. Die Bewegung in Weſt-
deutſchland und die Concentrirung preußiſcher Truppen-
massen in der Gegend von Frankfurt hat das ganze
Elſaß in Aufregung gebracht, da Jeder fühlt, daß der
Bernichtung der Freiheit an unserer Grenze eine In-
vaſlon in Frankreich ſelbſkt durch die abſolutiſtiſchen
Mächte folgen werde. Dies führte geſtern zu einer
Volksverſammlung im Hotel de 1°Europe, wo vier ener-

giſche Beſchlüſſe gefaßt wurden. Erſtens eine Petition
an unſere Legislative, worin begehrt wird: 1) daß die

legislative Verſammlung das Vaterland in Gefahr er-
kläre; 2) daß die franzöſiſche Republik die vom Volke
erwähſlten Regierungen ven Kaiserslautern und Karls-
rube auerkennez 53 daß ſie die Integrität des Gebiets
dieſer zwei Staaten proklamire; 4) daß die Versamm-
 
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