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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (3) — 1823

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No 1-13 (Januar 1823)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22118#0036

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SPSS IIIII
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Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer

. ,

— 1
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6

Nro. 7. Mittwoch den 15. Januar 1823.

Verantwortlich er Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.

R o ſimunde.

König Alboin iſt mit den Rittern ſein
Gar fröhlich zu Tafel bei Speiſ' und Wein,
Sein lieblich Gemahl ihm zur Rechten ſitzt
Und ein glühendes Auge zur Linken blitzt —
Das Auge gehört dem Helmich ſo kühn,
Wie nächtlicher Flammen dunkeles Glühn
Flammt's aufwärz hin zu Roſimunden
Still klagend ſeine Liebeswunden.

Die Königin ſieht es und blickt mit Schmerz
Im traurenden Angeſicht himmelwärz;
Dann aber erhebt ſie ſich ſtark und hold ö
Und ergreift einen Becher von rothem Gold,
Den ſtellet ſte nieder und ſchenkt darein
Von dem allerbeſten purpurnen Wein
Und öffnet ſchnell die weichen Lippen
Zum Wohle Alboin's d'raus zu nippen.

Der faſſet erfreut den vollen Pokal
nnd ſtürzt ihn hinunter mit einemmal A—
Sein bärtiges Angeſicht rauh und wild
Schaut freundlich empor zu dem herrlichen Bild/
Dann winkt er ſchnell mit bedeutendem Blick
Nach einem der Edelknechte zurück
Und dieſer bringet auf ſein Winken
Ihm einen Schädel her zum trinken.

Hell glänzt er von Gold und Edelgeſtein
Es faſſen ihn ſchimmernde Perlen ein, —

„Da nimmt ihn der König wohl in die Hand

Und füllt ihn mit Wein bis zum glänzenden Rand:
Dann reicht er der bebenden Königin
Ihn alſo laut ſprechend zum trinken hin:
„Ich habe mir nach nord'ſchen Sitten
Zum Becher dieſes Haupt geſchnitten.

Du kannteſt es wohl mein edles Gemahl
Es trug einſt die Kron' und den Helm von Stahl
Und herrſchte gar ſtolz über Land und Meer
Bis Alboin kam und ſein tapferes Heer,
Der hat ſich gewonnen ſein weites Land
Und drauf es erſchlagen mit ſtarker Hand;
Dein Vater war's, du magſi es wiſſen,
Den eben deine Lppen küſſen,“

Roſimunde ſchwieg, doch ihr dunkler Blick
Schaut' ernſt nach vergang'nen Tagen zurück.
Sie ſetzt hin den Schädel mit düſtrer Gluth
Und eine Thräne fällt in ſein Purpurblut.
Das ſieht er der Helmich, und wild, mit Haſt/
Hat er ihn alsbald mit der Hand gefaßt
Und, ob's auch Alboins Blicke rügen

Er leert ihn aus in vollen Zügen.

Der König erhebt ſich, er ſagt kein Wort
uUnd die Ritter und Gäſte gehen fort,
 
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