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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (3) — 1823

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No 105-117 (September 1823)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22118#0549

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Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.

Nro. 113. Sonnabend den 1. September 1823.

Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.

Ab ſchie d von Oeſtreiſch.

Leb' wohl mein Oeſtreich! ſchönes Vaterland
Der edlen Ahnen wuͤrdiger Geſchlechter!
Nie werd' ich deine Fluren wiederſehn,
Nie mehr in Morgengold ſie freundlich grüßen,
Nie mehr im Thal, von Reben rings umkraͤnzt,
Bei Philomelens Sang den Abend feiern,
Und in dem Strom, der dieſes Thal durchwallt,
Des Himmels Sterngewoͤlb' ſich ſpiegeln ſehen!
Nie wieder dort, wo laut vom Fels er ſturzt
Sich ſchaͤumend bricht an ſeinen ſteilen Waͤnden
Und brauſend in den dunkeln Abgrund ſtromt,
Das große Schauſpiel der Natur bewundern!
Nie hör' ich mehr an dieſem grauſen Schlund,
Von Wuth entbrannt die Eumeniden heulen
In ihres finſtern Kerkers ew'ger Nacht
Und ſchaudernd ihre Schlangenhaͤupter ſchütteln,
Bis Mazora die ſchwere Schuld gebüßt!
Noch wandelt ſie im blutigen Gewande,
Gleich jenem Tag, wo ſie den Sohn erſchlug,
Und ſpornet grauenhaft der Pilger Schritte.
Leb' wohl mein Blansko ** meiner Sehnſucht Ziel,

Meine Vorfahren von mütterlicher Seite ſtammen aus Oeſtreich,

von Ritterich und von Razeburg waren ihre Geſchlechts⸗-Namen, ſie

wurden wegen ihrer ritterlichen Tugenden v. HabsburgsKaiſern geſchätzt.
**) Blansko, ein altes wohlerhaltenes Schloß in Mähren, das

dem Fürſten Saum gehört und einſt ein Eigenthum der Tempelherrn

war, worin der Irdens⸗Meiſter Mo ley lange gelebt hat.

Du altes Schloß von Samos Fürſten-Stamme,
Wo Moleys Geiſt noch in den Trümmern rauſcht
Und durch die hohen Saͤulen-Gaͤnge ſchleichet,
Wenn Mitternacht den Geiſter-Reih'n beginnt!

Leb' wohl du auserkorne ſtille Laube!

Die die Natur mit eig'ner Hand geformt,
Wo Fried' und Einſamkeit ſich traulich grüßen,
In deren Schatten ich ſo ſelig war.
Leb' wohl du himmliſches Aſyl und winke
Dem Muͤden, wenn er ſich nach Ruhe ſehnt,
Dem Fühlenden, der in der Wehmuth Wonne,
Sich fluͤchtet in die Arme der Natur!
Lebt wohl ihr Berge, dunkle Felſenhoͤhen,
Die dichter Epheu ewig grun umflicht,
Um deren Fuß ſich duft'ge Reben winden!
Oft taucht' ich mich auf Euch ins Abend⸗-Gold
Und lauſchte tief bewegt der Pilger Lieder
Bis ſie verhallten in der dunkeln Nacht!
Auf Aether-Fluüͤgeln trugen dieſe Toͤne

Der Echo Laute mir harmoniſch zu.

Die Blicke weilten auf dem Geiſter-Thurme
An Rewiras erhabnem Felſen-⸗Schloß.
Phantaſtiſch blickt es in die weite Ferne;
Einſt thronte hier ein maͤchtiges Geſchlecht
Dem hohen Kaiſerhauſe nah' verbunden,
Und eine feſte Saͤule ſeines Throns —
Ein glaͤnzendes Geſtirn im Boͤhmer Lande! —
Uurkardy war's, der kampfgewandt und kuͤhn
 
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