Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (3) — 1823

DOI Kapitel:
No 53-65 (Mai 1823)
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.22118#0314

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ö
2

10





i

Wan

EEE . 222

Rheiniſche Morgenzeitung für gebildete Leſer.

Nro. 65. Sonnabend den 31. Mai 1823.

Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.

Ewige Iugend.

Wo blüht der Jugend ew'ge Roſe
Unwandelbar im Raum der Zeit?
Wo find' ich ſie, die Wandelloſe,
Die, keimend auf der Erde Schooße
Schon Himmelsdüfte ſelig beut?
Der Frohſinn der im Kindesblicke
So ſelig lächelt, — er entflieht!
Wohl fordert ihn vom flücht'gen Glücke
Der Menſch in ſeinem Wahn zurücke,
Doch auch des Glückes Kranz verblüht.
Der Liebe Roſe, — wie ſo helle
Drägt ſie des Himmels Wiederſchein,
Doch ach, — der Zeiten raſche Welle
Saugt bald von ihrer Lebensgquelle
Den reinen Aether gierig ein.

Es will von außen ſich entzünden
Das innre Licht, — und krank't und ſinkt. —
— Dief ſchweigt es in des Buſens Gründen/
Bis, reinre Naͤhrung aufzufinden,
Des Lebens Genius ihm winkt.

Und ſieh' aus langverſchloßnen Bronnen
Quellt ſie hervor, die reine Fluth,
Die ſegnend, wie das Licht der Sonnen/
Mit tauſend Kräften, rauſend Wonnen
Im ſtillen Grund der Bruſt geruht.

Und wie ihr Walten freigegeben
Iſt überwunden aller Tod,
Und leichte Aetherſchwingen heben
Das frohe, neugeborne Leben
Zu ew'ger Jugend Morgenroth.

Es ſchafft der Geiſt, und regt die Flügel
Der eignen Kraft ſich froh bewußt/
Zerbrochen liegt des Zwanges Riegel,
Frei, wie die Luft auf Thal und Hügel,
Brauſt er daher in Lieb' und Luſt.

O Sel'ger! der ſich ſelbſt gefunden,
Mit Gott und Glauben im Verein!
Bald zieht, der Macht der Zeit entbunden,
In deine ſtillen Weiheſtunden
Der ew'ge Lenz des Lebens ein.

und immer wird dein Auge flammen,
und ewig friſch dein Antlitz ſeyn,
Die Blüten, die dem Geiſt entſtammen,
Sie rafft kein Hauch der Zeit zuſammen,
Sie trocknet nie ein Winter ein.

Es muß der Staub dem Geiſte dienen/
Der edle Geiſt dem Staube nicht.
Das Werkzeug breche in Ruinen,
Iſt heil'ge That vor Gott erſchienen;

So lebſt du durch ſie fort im Licht.
Agnes Frani,
 
Annotationen