Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (3) — 1823
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https://doi.org/10.11588/diglit.22118#0729
DOI Kapitel:
No 144-157 (Dezember 1824)
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- Einband
- Titelblatt
- [Inhalt]
-
No 1-13 (Januar 1823)
-
No 14-25 (Februar 1823)
-
No 26-39 (März 1823)
-
No 1 Intelligenzblatt zur Charis
-
No 40-52 (April 1823)
-
No 53-65 (Mai 1823)
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No 66-78 (Juni 1823)
-
No 2 Intelligenzblatt zur Charis
-
No 79-91 (Juli 1823)
-
No 92-104 (August 1823)
-
No 105-117 (September 1823)
-
No 3 Intelligenzblatt zur Charis
-
No 118-130 (Oktober 1823)
-
No 131-143 (November 1824)
-
No 144-157 (Dezember 1824)
-
No 4 Intelligenzblatt zur Charis
- Inhalt
- Einband
- Maßstab/Farbkeil
—. — . — — —
SSS.
Di, Gl,. Z
Rheiniſche Morgenzeit
Nro. 149. Sonnabend den 13. Dezember 18²23.
Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.
Freude der Mittheilung.
Wohl iſt ſie ſchoͤn die Welt! des Schoͤpfers Hand
Hat ſie mit Liebreiz herrlich ausgeſtattet,
Dort taucht in Purpur ſich der Berge Rand,
Dier liegt das Dorf, von Bluͤtenſchnee umſchattet,
Und durch der Wieſen farbiges Gemiſche ö
Schlingt ſich der Bach, ein wandelnd Silberband,
Durch das begluͤckte, bluͤtenreiche Land
Und rauſcht hinab durch lachende Gebüſche,
Schoͤn iſt die Welt, und reich in ihrer Pracht,
AUch reich, um tauſend Weſen zu beglücken!
Wenn ſie im Arm des jungen Fruͤhlings lacht
Wer ſieht ſie wohl, und theilt nicht ihr Entzücken 8
Und doch, wie tief fühlt ſich der Menſch vergeſſen,
Wie arm laͤßt ihn die reiche Fruhlingspracht,
Darf er nicht auch, wenn ſein Gefühl erwacht
Ein gleiches Herz an ſeinen Buſen preſſen.
Denn hoͤher noch als Lenz und Blütenſchmuck
Beſeligt ihn des Freundes ſuße Naͤhe
Die eigne Freude iſt ihm nicht genuunn
will, daß ſie in Andre übergehe.
Nuyur Liebe deutet uns das hoͤchſte Leben!
Entbehret man des Freundes Haͤndedruck
So kann die Welt mit ihrem Blütenſchmuck
AUns nicht Erſatz für das Verlorne geben.
Agnes Franz.
Wohl und Wehe.
(Fortſetzun g.)
9.
Fernes Donnern.
Eduard mußte ſich nun wohl zur Abreiſe entſchließen, aber
ſie ward ihm doppelt ſchwer, da Lamonn, nach ſeinem Ab-⸗
kuͤhlungsſyſteme, ihm nur erlaubt hatte, waͤhrend des Win-
ters zwei Briefe an Jeannette zu ſchreiben, und zwei ſollte
er auch nur von ihr erhalten; „an ihn ſelbſt aber koͤnnte
er taͤglich ſchreiben!“ wiewohl er wiſſe, daß es nicht geſchehn
würde. — Eduard nahm von Jeannette nun zaͤrtlichen Ab-
ſchied, und ſie war froh und heiter dabei, im Glaͤuben,
er reiſe nur auf wenige Tage zu ſeinem Freunde nach Ba-
ſel. Schon im naͤchſten Nachtlager fühlte er unwiderſteh-
lichen Drang, Jeannetten um Verzeihung zu bitten, daß
er ihr ſein haͤlbjaͤhriges Ausbleiben verſchwiegen; allein
die Drohung des Majors, daß Jeannette gewiß nur zwei
Briefe überliefert erhalten würde, hielt ihn davon ab.
Seinen Freund Guſtav fand er ſchon in voller Thaͤtig-
keit in ſeinem Geſchafte; einige gluͤckliche Tage verlebte er
mit ihm in Baſel, und zog dann weiter gen Heidelberg,
wo er nun doch ganz zufaͤllig noch ſtudiren ſollte. Seinen
Bruͤdern, vorzuglich dem Soldaten, ſchien dieſes frühzei-
tige Heirathsmanover nicht ſonderlich zu gefallen, auch
nicht, daß dies halbe Jahr ihn in ſeiner praktiſchen Lauf-
bahn nicht weiter foͤrdere. Allein in erſterer Rückſicht, ſo
SSS.
Di, Gl,. Z
Rheiniſche Morgenzeit
Nro. 149. Sonnabend den 13. Dezember 18²23.
Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.
Freude der Mittheilung.
Wohl iſt ſie ſchoͤn die Welt! des Schoͤpfers Hand
Hat ſie mit Liebreiz herrlich ausgeſtattet,
Dort taucht in Purpur ſich der Berge Rand,
Dier liegt das Dorf, von Bluͤtenſchnee umſchattet,
Und durch der Wieſen farbiges Gemiſche ö
Schlingt ſich der Bach, ein wandelnd Silberband,
Durch das begluͤckte, bluͤtenreiche Land
Und rauſcht hinab durch lachende Gebüſche,
Schoͤn iſt die Welt, und reich in ihrer Pracht,
AUch reich, um tauſend Weſen zu beglücken!
Wenn ſie im Arm des jungen Fruͤhlings lacht
Wer ſieht ſie wohl, und theilt nicht ihr Entzücken 8
Und doch, wie tief fühlt ſich der Menſch vergeſſen,
Wie arm laͤßt ihn die reiche Fruhlingspracht,
Darf er nicht auch, wenn ſein Gefühl erwacht
Ein gleiches Herz an ſeinen Buſen preſſen.
Denn hoͤher noch als Lenz und Blütenſchmuck
Beſeligt ihn des Freundes ſuße Naͤhe
Die eigne Freude iſt ihm nicht genuunn
will, daß ſie in Andre übergehe.
Nuyur Liebe deutet uns das hoͤchſte Leben!
Entbehret man des Freundes Haͤndedruck
So kann die Welt mit ihrem Blütenſchmuck
AUns nicht Erſatz für das Verlorne geben.
Agnes Franz.
Wohl und Wehe.
(Fortſetzun g.)
9.
Fernes Donnern.
Eduard mußte ſich nun wohl zur Abreiſe entſchließen, aber
ſie ward ihm doppelt ſchwer, da Lamonn, nach ſeinem Ab-⸗
kuͤhlungsſyſteme, ihm nur erlaubt hatte, waͤhrend des Win-
ters zwei Briefe an Jeannette zu ſchreiben, und zwei ſollte
er auch nur von ihr erhalten; „an ihn ſelbſt aber koͤnnte
er taͤglich ſchreiben!“ wiewohl er wiſſe, daß es nicht geſchehn
würde. — Eduard nahm von Jeannette nun zaͤrtlichen Ab-
ſchied, und ſie war froh und heiter dabei, im Glaͤuben,
er reiſe nur auf wenige Tage zu ſeinem Freunde nach Ba-
ſel. Schon im naͤchſten Nachtlager fühlte er unwiderſteh-
lichen Drang, Jeannetten um Verzeihung zu bitten, daß
er ihr ſein haͤlbjaͤhriges Ausbleiben verſchwiegen; allein
die Drohung des Majors, daß Jeannette gewiß nur zwei
Briefe überliefert erhalten würde, hielt ihn davon ab.
Seinen Freund Guſtav fand er ſchon in voller Thaͤtig-
keit in ſeinem Geſchafte; einige gluͤckliche Tage verlebte er
mit ihm in Baſel, und zog dann weiter gen Heidelberg,
wo er nun doch ganz zufaͤllig noch ſtudiren ſollte. Seinen
Bruͤdern, vorzuglich dem Soldaten, ſchien dieſes frühzei-
tige Heirathsmanover nicht ſonderlich zu gefallen, auch
nicht, daß dies halbe Jahr ihn in ſeiner praktiſchen Lauf-
bahn nicht weiter foͤrdere. Allein in erſterer Rückſicht, ſo