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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (3) — 1823

DOI Kapitel:
No 131-143 (November 1824)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22118#0669

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Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.

Nro. 137. Sonnabend den 15. November 1823.

Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.

Klangenn.

Sch iu 6.)
4. *
Drauſſen dem ſchattigen Laub, den kuͤhl⸗gewundenen Gaͤngen,
die dort ein blühender Buſch deckt, dort ein athmender
Wald, ‚
gläaͤnzt das heitre Gebaͤu, es laden die offenen Bogen
Taͤnzer hinein, und der Tanz wogt auch ſo fröhlich heraus.
Aber ich flüͤchte zuruͤck, ich ſitize weinend im Dunkel;
klinge der Jubel daher Zechender, Tanzender auch:
ſo einſt toͤnte mein Tag, der hundert Farben und Freuden
brachte, ſo klang mir der Nacht ſchaͤumender Huldenpokal.
Bleibt mir doch fern ihr Fraun, die ihr naht in den hellen
ö Gewändern,
und mit Freudengekoſ' mich wie die Nachtigall ſcheucht.
Euch iſt der Tag, euch Frohen, mit allen goldenen Strahlen,
4 Eine bringt ihr nicht mit: laßt mir die thauende Nacht.
Ruhiger Strom, das truͤbe Gewoͤlk betrubt dich, vom goldnen
ſtrahlet die Fluth und die Fluth wimmelt von glaͤnzender
Welt.

Troſte mich, wenn ich ſo arm mich fühle fern von der Theuren,

ſtrahlet ihr Auge, — ihr Aug' weckt in dem Buſen die Welt.
— 6 —

Ueber den Strom hintaumelt der Kahn, er taumelt heruͤber,

ſelber im wogenden Naß holt er den lechzenden Gaſt.

Mondtag iſt, der luſtige Mann ſo müde von Schlemmen,
fuͤhret das Liebchen, die Frau ſchaͤckernd zum niedlichen
Dorf.
Miſch' ich mich auch ins Gelag, und betrete trauernd die
Faͤhre,
haͤlt mich das bunte Gewuͤhl, haͤlt mich der Jubel nicht ab?
Stell' ich mich, halt' ich mich unter dem Baum', der die
waldige Kutte
abgelegt, und ſo weiß glaͤnzet mit feſtlichem Kranz?
Geh' nur, und liebſt du den Gram, ſo goͤnn' ihm das Feſt
der Erinnrung,
fließt auch beim Reigengewog haͤufige Wehmuth herab.

7.

Auge, winterlich⸗kalt, du traͤumeſt vielleicht von den Naͤchten,
da mir der herrliche Strauß blühte der Sterne ſo hoch?
Aber, was du nicht ſchauſt, vergeſſen? — Es fließt der
— Erinnrung
murmelnder Bach im Gemüth, ach und er frieret nie zu.
Nachtigall ſingt um den Bach; einſt ſang ſie Freuden des
Maies,
wenn der glaͤnzende Tag, müd' in die Naͤchte verblich.
Fern mir Verbannten iſt Nacht, doch vergeſſen den Tag,
ö da ich liebte?
Nachtigall ſingt von dem Tag': aber ſie ſingt in der Nacht.
H. Koenig.

——

 
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