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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (3) — 1823

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No 53-65 (Mai 1823)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22118#0282

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Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.

Nro. 58. Mittwoch den 14. Mai 1823.

Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.

Kranke Lie be.

Fortſetzung.
So wuchs ſie auf, die Hugo's Herzem Werthe,
Sie wähnte bald, ſie ſey nur angenommen,
Wo iſt die Mutter denn, und mein Gefährte,
Sprach ſie zu ſich, wo iſt er hingekommen/
Wo war ich denn, als ſich ſein Bild verklärte
Vor meinem Blick, wie iſt der Stern verglommen
Des füßer Schein mit mir, der Blume, ſpielte,

Daß ich ihn Blum' und Stern wohl er mich füblte?

Da kam ein Traum, ſo oft die hellen Sterne
Das Angeſicht der ſchwarzen Nacht umkränzten,
Zu ihr, und führt' ihr Ahnen in die Ferne.
Sanft dämmerte Gebüſch, und Bäche glänzten,
Die Roſen neigten ſich die Lilien gerne,
Die Blüthen dufteten, die ſie begränzten,
Die Mutter ſaß mit einem ſchönen Kinde,
Ihr Koſen miſchte ſich dem Frühlingswinde.

Und wie die Stimmen ſanft zur Seele drangen
Der Träuwenden, da war's die Heimath wieder/
Der Bruder hielt die Selige umfangen,
Die Mutter fegnend ſah auf beide nieder,
Da wollien ſie an ihrem Halſe hangen,
Sie küßzten ſich / es tönten Kinderlieder,
Sie ruhten ſelig auf der Mutter Schooße,
Umher zog Frühlingsnacht, wie Duft der Roſe.

So endete der Traum ſich oft am Morgen,
Und oft am Abend durfte ſie ihn träumen;
Herr Hugo, ſtets erfüllt von treuen Sorgen,
Sah Luſt der Wehmuth ihr im Buſen keimen,
Der Traum der Tochter blieb ihm nicht verborgen;
Wie Abendſchimmer ſtille Thal' umſäumen,
Verſchönte ſie der Traum, es ſchien ihr Weſen
Für Sehnſucht krank, in ihm nur zu geneſen.

Sie ſchildert' ihm den Traum, der Mutter Züge,
Und Hugo ſahe Deſiderien malen,
Er bebte daß er dem Gefühl erliege,
Weil Schmerz und Rührung die Beſinnung ſtahlen,
So, daß zum Traum er nahe Wahrheit füge,
Hob er zu einem Bild der Kerze Stralen
Auf dem man Deſderien erblickte,
Und das ein Vorhang ſonſt dem Aug' entrückte.

Kaum daß Antonie das Bild erſchaute,

Bemerkt' auch Hugo, daß ſie es erkenne,

Daß Pexl' auf Perl' aus ihrem Auge thaute,
Und innig fragend wie die Frau ſich nenne,
Ward ſie, als Hugo ſchmerzlich ihr vertraute

Die Mutter ſey's, die ſie nicht nennen könne,

Von ſolcher Ahnung wunderſam durchdrungen/

Als fühlt' ſie nun von Hugo ſich entſprungen.

Denn ſeit der Stunde wars das höchſie Lieben
Was Hugo'n in dem jungen Herzen brannte,
 
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