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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (3) — 1823

DOI Kapitel:
No 144-157 (Dezember 1824)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22118#0735

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ng fuͤr gebildete Leſer.

Nro. 150. Montag den 15. Dezember 1823.

Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.

yr ſi .

Umſchwebet vom goldnen, arkadiſchen Traum,
Lag Thyrſis, der Schaͤfer, am wehenden Baum:
Da naht ſich ein Bauer, ein tolpiſcher Wicht,
Mit langſamen Schritten und grobem Geſicht.

Er oͤffnet die Kehle, plump lachend und weit:
„Kann ich Euch, Herr Nachbar, vertreiben die Zeit?“
Der Hirt drauf: „Ich habe mit Dir' nichts gemein;
Du biſt mir in Deinen Manieren zu fein.“

Ein windiges Herrchen nun hüpft auf dem Pfad:
„Auf, Freundchen! Was träumſt Du ſo ruhig und fad?
Ich kann Dir — — „Erſpare, ſagt Thyrſis, Dein Lob!
In moöͤglichſter Feinheit biſt Du mir zu grob.ꝰ“

Ein Stoiker blicket, ernſt wandelnd, auf ihn:
„„Ergründen und ſchließen beſchaͤftigt den Sinn!“
WDoch jener: „Ich meide ſtets Euere Spur;
Durch Grübeln verletzt Ihr die holde Natur.“ —.

EHinweg iſt der Dumme, der Narr, der Pedant:
Der Schaͤfer durch Auen im Frühlingsgewand,
„Geht froh zu dem Bache, wo Blumen im Grün
Am Huͤgel der Luſt und der Dichtung erbluͤh'n —
K. Geib.

*

Wohl und Wehe.

(Fortſetzun g.)
10.
Grabgeläute. ö
Eduards Heiterkeit war durch das Unglück ſeines erſten,
beſten, ja einzigen Freundes gar ſehr geſtört, und der Ge-
danke an die nahe Frühjahrsreiſe zu ſeiner Liebe konnte
ſie ihm nur auf Augenblicke wiedergeben. Dazu kam, daß
er von einer andern, eben ſo empfindlichen Seite ſollte
ſchmerzlich verletzt werden. Julie, die Gattin ſeines aͤlte-
ſten. Bruders, lag ſeit dem Februar an den Folgen einer
unglücklichen Niederkunft gefährlich krank, und noch zwei-
felte man an ihrer voͤlligen Geneſung ohne bleibende Folgen;
die zarte Natur des Kindes konnte der Wuth mehrerer
gleichzeitiger Krankheiten nicht widerſtehn und ward ihr
Opfer; auch der Gatte, durch uͤbermaͤßige Nachtwachen,
gehaufte Arbeit, und die ſtete Seelenanſpannung auf's
Aeußerſte geſchwächt, drohte der Gattin auf das Kranken-

lager zu folgen. — Der haͤrteſte Schlag traf ihn aber von

Berlin aus. Ein Brief von fremder Hand rief ihn ſchleu-
nig dahin ab, wenn er noch lebend ſeinen Bruder Ferdi-
nand ſehen wealle; in einem Piſtolenduelle mit einem ande-
ren Offiziere war er ſchwer verwundet worden, taͤglich
ſah man ſeinem Tode entgegen. —
So ſchien mit einem Male die ſchoͤne Blume, die aus
dem ruhigen Gluͤcksgenuſſe und gegenſeitiger Liebe der
Brüder empor geblüht, auf ewig gebrochen werden zu ſol-
 
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