Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (3) — 1823
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https://doi.org/10.11588/diglit.22118#0177
DOI Kapitel:
No 26-39 (März 1823)
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- Einband
- Titelblatt
- [Inhalt]
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No 1-13 (Januar 1823)
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No 14-25 (Februar 1823)
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No 26-39 (März 1823)
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No 1 Intelligenzblatt zur Charis
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No 40-52 (April 1823)
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No 53-65 (Mai 1823)
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No 66-78 (Juni 1823)
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No 2 Intelligenzblatt zur Charis
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No 79-91 (Juli 1823)
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No 92-104 (August 1823)
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No 105-117 (September 1823)
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No 3 Intelligenzblatt zur Charis
-
No 118-130 (Oktober 1823)
-
No 131-143 (November 1824)
-
No 144-157 (Dezember 1824)
-
No 4 Intelligenzblatt zur Charis
- Inhalt
- Einband
- Maßstab/Farbkeil
Rheiniſche Morgenzeitung für gebildete Le ſer.
Nro. V Mittwoch den 26. Maͤrz 1823.
Verantwortlich er Reda kteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.
Elegiſche Epigramme uͤber Athen.
6. Die Tragöden. ö
Aeſchylos Schatten noch ſchwebt in dem ſchweigenden Fel-
ſentheater.
Mit ihm Hand in Hand wandelt ſein Kampfesgenoß
Sophokles/ jetzo verſöhnt, denn über den Urnen iſt Frieden;
Und der ältere Genoß ſeufzt aus der Tiefe der Bruſt:
„Meine ſo große, ſo herrliche Zeit, wo iſt ſie?“ — Tragöde,
Größeres Schickſal als du dichtete wieder die Zeit.
Deinem Prometheus gleichet dein Volk; noch liegt er in Ketten,
Aber es reget ſich wild, ſie zu zerreißen, die Kraft.
Oder liegt er noch länger am Kaukaſus? ſind ihm die Zeiten
Noch nicht erfüllet, und bannt noch ihn der eiſerne Spruch
Unter das ſchwere Gewicht barbariſcher Feſſel des Kratos? —(D
Ob erwartet, ob nicht; — Schickſal, das dunkele, kommt.
VFrage nicht,“ redet der Geiſt des weiſeren Sopbokles, ygehe
Hin nach Kolonos und ſteig' nieder in Oedipus Gruft;
Frage verſöhnt die Unſterblichen dort und vernarbetes Herzens;
Was iſt Schickſal? denn hier bleibt das Orakel dit Bumm.
Lieben das Schickſal gebietet, die Welt und die tiefere Weisheit /
Wie ihm Antigone ſtill folgt'ꝰ in das Felſengemachz
Wie Glektra entgegen ihm ſchmachtete. Irdiſches Leben
Scheine verächtlich, wenn dir inn're Befriedigung winkt.
Wahre das ungeſchriebene Geſetz im Buſen lebendig,
Das heißt Freiheit und nie beuge dich Menſchen zu tien.
Dies verkündeten wir lebrreich dem horchenden Volke.“ —
— Syrach des Tragöden Geiſt, ſchwindend in Dunkel dahin.
( Die perſoniſtzirte Gewalt. (Fort. f.
wohnen, beherzt, das Heer nachbarlicher Wildſchuͤ⸗
„ Der Wilodieb.
Erzählung von H. Koenig.
Ja doch! — Laßt mir nur ein Paar Augenblicke
Zeit: ich verſteh' Euch genug; — Wie und wo ich
zu meiner Frau gekommen, — wollt Ihr wiſſen? —
Die Erinnerung an jene Zeit klingt weicher, als
dieſe ausgelaſſnen Glaͤſer, mit altem Ruͤdesheimer
gefuͤllt: aber Ihr habt uns gut bewirthet, Amt-
mann, und ſo wuͤnſche ich, daß Euch meine Erzaͤh⸗
lung nachſchmecken moͤchte. ö
Ihr Alle kennt, wenigſtens dem Namen nach,
das Schloß Billeſtein, und wißt vielleicht, daß
am Fuße ſeines Berges ein Wildͤgarten gelegen iſt,
in weitem Kreiſe von einer hohen Mauer umfaßt.
Darin liegt auf einer Wieſenebene ein fuͤrſtliches
Schloͤßchen; tieſer im Walde aber an einer Huͤgel-
quelle einſam das Föͤrſterhaus. Dorthin ward ich
von unferm Herzoge angeſtellt, als ich von der
Forſtſchule mit guten Zeugniſſen, und einem unru-
higen Temperamente gekommen, eine Stelle nach-
ſuchte. Ein ruͤſtiger Jaͤger ſollte in jener Dede
*
tzen von dem Gehege eines vortreflichen Wildſtan-
Nro. V Mittwoch den 26. Maͤrz 1823.
Verantwortlich er Reda kteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.
Elegiſche Epigramme uͤber Athen.
6. Die Tragöden. ö
Aeſchylos Schatten noch ſchwebt in dem ſchweigenden Fel-
ſentheater.
Mit ihm Hand in Hand wandelt ſein Kampfesgenoß
Sophokles/ jetzo verſöhnt, denn über den Urnen iſt Frieden;
Und der ältere Genoß ſeufzt aus der Tiefe der Bruſt:
„Meine ſo große, ſo herrliche Zeit, wo iſt ſie?“ — Tragöde,
Größeres Schickſal als du dichtete wieder die Zeit.
Deinem Prometheus gleichet dein Volk; noch liegt er in Ketten,
Aber es reget ſich wild, ſie zu zerreißen, die Kraft.
Oder liegt er noch länger am Kaukaſus? ſind ihm die Zeiten
Noch nicht erfüllet, und bannt noch ihn der eiſerne Spruch
Unter das ſchwere Gewicht barbariſcher Feſſel des Kratos? —(D
Ob erwartet, ob nicht; — Schickſal, das dunkele, kommt.
VFrage nicht,“ redet der Geiſt des weiſeren Sopbokles, ygehe
Hin nach Kolonos und ſteig' nieder in Oedipus Gruft;
Frage verſöhnt die Unſterblichen dort und vernarbetes Herzens;
Was iſt Schickſal? denn hier bleibt das Orakel dit Bumm.
Lieben das Schickſal gebietet, die Welt und die tiefere Weisheit /
Wie ihm Antigone ſtill folgt'ꝰ in das Felſengemachz
Wie Glektra entgegen ihm ſchmachtete. Irdiſches Leben
Scheine verächtlich, wenn dir inn're Befriedigung winkt.
Wahre das ungeſchriebene Geſetz im Buſen lebendig,
Das heißt Freiheit und nie beuge dich Menſchen zu tien.
Dies verkündeten wir lebrreich dem horchenden Volke.“ —
— Syrach des Tragöden Geiſt, ſchwindend in Dunkel dahin.
( Die perſoniſtzirte Gewalt. (Fort. f.
wohnen, beherzt, das Heer nachbarlicher Wildſchuͤ⸗
„ Der Wilodieb.
Erzählung von H. Koenig.
Ja doch! — Laßt mir nur ein Paar Augenblicke
Zeit: ich verſteh' Euch genug; — Wie und wo ich
zu meiner Frau gekommen, — wollt Ihr wiſſen? —
Die Erinnerung an jene Zeit klingt weicher, als
dieſe ausgelaſſnen Glaͤſer, mit altem Ruͤdesheimer
gefuͤllt: aber Ihr habt uns gut bewirthet, Amt-
mann, und ſo wuͤnſche ich, daß Euch meine Erzaͤh⸗
lung nachſchmecken moͤchte. ö
Ihr Alle kennt, wenigſtens dem Namen nach,
das Schloß Billeſtein, und wißt vielleicht, daß
am Fuße ſeines Berges ein Wildͤgarten gelegen iſt,
in weitem Kreiſe von einer hohen Mauer umfaßt.
Darin liegt auf einer Wieſenebene ein fuͤrſtliches
Schloͤßchen; tieſer im Walde aber an einer Huͤgel-
quelle einſam das Föͤrſterhaus. Dorthin ward ich
von unferm Herzoge angeſtellt, als ich von der
Forſtſchule mit guten Zeugniſſen, und einem unru-
higen Temperamente gekommen, eine Stelle nach-
ſuchte. Ein ruͤſtiger Jaͤger ſollte in jener Dede
*
tzen von dem Gehege eines vortreflichen Wildſtan-