Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (3) — 1823
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https://doi.org/10.11588/diglit.22118#0286
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No 53-65 (Mai 1823)
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- Einband
- Titelblatt
- [Inhalt]
-
No 1-13 (Januar 1823)
-
No 14-25 (Februar 1823)
-
No 26-39 (März 1823)
-
No 1 Intelligenzblatt zur Charis
-
No 40-52 (April 1823)
-
No 53-65 (Mai 1823)
-
No 66-78 (Juni 1823)
-
No 2 Intelligenzblatt zur Charis
-
No 79-91 (Juli 1823)
-
No 92-104 (August 1823)
-
No 105-117 (September 1823)
-
No 3 Intelligenzblatt zur Charis
-
No 118-130 (Oktober 1823)
-
No 131-143 (November 1824)
-
No 144-157 (Dezember 1824)
-
No 4 Intelligenzblatt zur Charis
- Inhalt
- Einband
- Maßstab/Farbkeil
V
N &
WI
VV
W V
V
10
*
Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.
Nro. 59. Sonnabend den 17. Mai 18823.
Verantwortlicher Nedakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.
Schreiben W. A. Mozarts an den Baron V.
Indem wir nachfolgende unſchätzbare Reliquie des verklärten
Meiſters durch den Druck bekannt machen zu dürfen das
Glück haben, bemerken wir blos, um den unfehlbaren
Eindruck des Ganzen durch kein ferneres Wort zu beein-
trächtigen, daß dieſer Brief zwar ohne Datum, wahr-
ſcheinlich aber im Herbſt 1790 von Prag aus geſchrieben
ſev. ö
Hier erhalten Sie lieber guter Herr Baron Ihre Par-
tituren zuruͤck, und wenn Sie von mir mehr Fen-
ſter 1) als Noten finden, ſo werden Sie wohl aus
der Folge abnehmen, warum das ſo gekommen iſt.
Die Gedanken haben mir in der Symphonie am
beſten gefallen; ſie wuͤrde aber doch die wenigſte
Wirkung machen, denn es iſt zu Vielerleh drinne,
und hoͤrt ſich Stuͤckweis an, wie, aves permission,
ein Ameiſenhaufen ſich anſieht, ich meine: es iſt
Eppes der Teufel los darinne. Sie duͤrfen mir
daruͤber kein Schnippchen machen, beſter Freund,
ſonſt wollt. ich zehntauſendmal, daß ich's nicht ſo
ehrlich herausgeſagt haͤtte; und wundern darf es
1) Kreutzweis angeſtichene Stellen.
Sie auch nicht, denn es geht ohngefaͤhr Allen ſo,
die nicht ſchon als Buben vom Maestro Peitſche
oder Donnerwetter geſchmeckt haben, und es her-
nach mit dem Talent und der Luſt alleine zwin⸗—
gen wollen. Manche machen es halb ordentlich,
aber dann ſind's anderer Leute Gedanken, ſie ſel-
ber haben keine; Andere, die eigene haben, koͤnnen
ſie nicht Herr werden: ſo geht es Ihnen. Nur um
der heiligen Caͤcilia Willen, nicht boͤſe, daß ich ſo
heraus platze! Aber das Lied hat ein ſchönes C(an
tabile, und ſoll Ihnen Das die liebe Fraͤnzl recht
oft vorſingen, was ich ſchon hoͤren moͤgte, aber
auch ſehen. Der Menuet im Quatuor nimmt
ſich auch fein aus, beſonders von da, wo ich das
Schwaͤnzlein dazu gemalen. Coda wird aber mehr
klappen als klingen. Sapienti sat, und auch dem
nihil Sapienti, da meine ich mich, der ich uͤber ſolche
Dinge nicht wohl ſchreiben kann. Unſer einer macht's
lieber. Ihren Brief hab' ich vor Freude vielmal
gekuͤßt. — Nur haͤtten Sie mich nicht ſo ſehr loben
ſollen; hoͤren kann ich ſo was allenfalls, wo man's
gewohnt wird, aber nicht gut leſen. Ihr habt
mich zu lieb, ihr guten Menſchen; ich bin das nicht
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Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.
Nro. 59. Sonnabend den 17. Mai 18823.
Verantwortlicher Nedakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.
Schreiben W. A. Mozarts an den Baron V.
Indem wir nachfolgende unſchätzbare Reliquie des verklärten
Meiſters durch den Druck bekannt machen zu dürfen das
Glück haben, bemerken wir blos, um den unfehlbaren
Eindruck des Ganzen durch kein ferneres Wort zu beein-
trächtigen, daß dieſer Brief zwar ohne Datum, wahr-
ſcheinlich aber im Herbſt 1790 von Prag aus geſchrieben
ſev. ö
Hier erhalten Sie lieber guter Herr Baron Ihre Par-
tituren zuruͤck, und wenn Sie von mir mehr Fen-
ſter 1) als Noten finden, ſo werden Sie wohl aus
der Folge abnehmen, warum das ſo gekommen iſt.
Die Gedanken haben mir in der Symphonie am
beſten gefallen; ſie wuͤrde aber doch die wenigſte
Wirkung machen, denn es iſt zu Vielerleh drinne,
und hoͤrt ſich Stuͤckweis an, wie, aves permission,
ein Ameiſenhaufen ſich anſieht, ich meine: es iſt
Eppes der Teufel los darinne. Sie duͤrfen mir
daruͤber kein Schnippchen machen, beſter Freund,
ſonſt wollt. ich zehntauſendmal, daß ich's nicht ſo
ehrlich herausgeſagt haͤtte; und wundern darf es
1) Kreutzweis angeſtichene Stellen.
Sie auch nicht, denn es geht ohngefaͤhr Allen ſo,
die nicht ſchon als Buben vom Maestro Peitſche
oder Donnerwetter geſchmeckt haben, und es her-
nach mit dem Talent und der Luſt alleine zwin⸗—
gen wollen. Manche machen es halb ordentlich,
aber dann ſind's anderer Leute Gedanken, ſie ſel-
ber haben keine; Andere, die eigene haben, koͤnnen
ſie nicht Herr werden: ſo geht es Ihnen. Nur um
der heiligen Caͤcilia Willen, nicht boͤſe, daß ich ſo
heraus platze! Aber das Lied hat ein ſchönes C(an
tabile, und ſoll Ihnen Das die liebe Fraͤnzl recht
oft vorſingen, was ich ſchon hoͤren moͤgte, aber
auch ſehen. Der Menuet im Quatuor nimmt
ſich auch fein aus, beſonders von da, wo ich das
Schwaͤnzlein dazu gemalen. Coda wird aber mehr
klappen als klingen. Sapienti sat, und auch dem
nihil Sapienti, da meine ich mich, der ich uͤber ſolche
Dinge nicht wohl ſchreiben kann. Unſer einer macht's
lieber. Ihren Brief hab' ich vor Freude vielmal
gekuͤßt. — Nur haͤtten Sie mich nicht ſo ſehr loben
ſollen; hoͤren kann ich ſo was allenfalls, wo man's
gewohnt wird, aber nicht gut leſen. Ihr habt
mich zu lieb, ihr guten Menſchen; ich bin das nicht