Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (3) — 1823
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https://doi.org/10.11588/diglit.22118#0721
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No 144-157 (Dezember 1824)
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- Einband
- Titelblatt
- [Inhalt]
-
No 1-13 (Januar 1823)
-
No 14-25 (Februar 1823)
-
No 26-39 (März 1823)
-
No 1 Intelligenzblatt zur Charis
-
No 40-52 (April 1823)
-
No 53-65 (Mai 1823)
-
No 66-78 (Juni 1823)
-
No 2 Intelligenzblatt zur Charis
-
No 79-91 (Juli 1823)
-
No 92-104 (August 1823)
-
No 105-117 (September 1823)
-
No 3 Intelligenzblatt zur Charis
-
No 118-130 (Oktober 1823)
-
No 131-143 (November 1824)
-
No 144-157 (Dezember 1824)
-
No 4 Intelligenzblatt zur Charis
- Inhalt
- Einband
- Maßstab/Farbkeil
Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.
Nro. 147. Montag den 8. Dezember 1823.
Verantwortlicher Redakteur und Heraus geber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.
Wün ſich e.
Koͤnnt' ich eine Lerche ſeyn!
Ueber Thaͤler, über Hüͤgel
Hübe mich der Schwung der Flügel
Mit des Morgens erſtem Schein.
Durch die Luft wollt' ich mich ſchwingen,
Jubelnd meine Liebe ſingen;
Alles blickte froh hinan
Nach der Lerche freier Bahn!
Wäar' ich eine Nachtigall!
Meiner Liebe heiße Klagen
Wollt' ich in die Haine tragen,
Saͤuſeln in des Laubes Fall.
Wollte meine Lieder weinen,
In den Büͤſchen, in den Hainen:
Sehnend zoͤg' es jeden Sinn:
Zu der ſtillen Sängerin!
Könnt' ich eine Schwalbe ſeyn!
Mit dem Sommer wollt' ich fliehen,
Nach dem ſchönen Süden ziehen,
Stillvergeſſend meine Pein. ö
Meine Luſt nur wollt' ich kunden
Dort den ewig heiter'n Gruͤnden,
Und aus manchem trauten Dach
Folgte mir ein Seufzer nach!
Ach! waͤr' ich ein Adler doch!
Muͤßt' ich auch in Lüften wohnen,
Trüg' ich wohl in jenen Zonen
Meiner Liebe Himmel noch.
Laut den Höhen wollt' ich's nennen,
Gerne droben es bekennen,
Wie der Liebe Zauberklang
Meinen Adlerſinn bezwang.
Johann Gabr. Seidl.
— — —— — —— — — » — — — —èͤ — —
Wohl und Wehe.
(Fortſetzung.)
7.
Polhöhe der Seligkeit. ö
Der alte Lamonn, von Herzen erfreut, einen fernen alten
Bekannten bewirthen zu koͤnnen, zumal einen, der gleiche
Neigungen mit ihm theilte, ließ Eduard nun ſobald nicht
weiter wandern, und ich glaube, dieſer blieb recht gern,
auch ohne umſtaͤndliche Nöthigung.
Hatte er den Tag über mit ſeinem gaſtfreundlichen
Wirthe geſchaͤftig die weitlaͤuftigen Aecker und Weinberge
beſichtigt, (denn der alte Herr war trotz ſeiner 65 Jahre
noch jugendlich rüͤſtig, und überall anweſend und ordnend,
nach ſeinem Wahlſpruche: „Wo der Herr nicht ſieht, nie
der Waizen bluͤht.)) oder die Holzungen durchſtreift, die
ſich an die Vorberge des Jura hinaufzogen, ſo empfing am
Nro. 147. Montag den 8. Dezember 1823.
Verantwortlicher Redakteur und Heraus geber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.
Wün ſich e.
Koͤnnt' ich eine Lerche ſeyn!
Ueber Thaͤler, über Hüͤgel
Hübe mich der Schwung der Flügel
Mit des Morgens erſtem Schein.
Durch die Luft wollt' ich mich ſchwingen,
Jubelnd meine Liebe ſingen;
Alles blickte froh hinan
Nach der Lerche freier Bahn!
Wäar' ich eine Nachtigall!
Meiner Liebe heiße Klagen
Wollt' ich in die Haine tragen,
Saͤuſeln in des Laubes Fall.
Wollte meine Lieder weinen,
In den Büͤſchen, in den Hainen:
Sehnend zoͤg' es jeden Sinn:
Zu der ſtillen Sängerin!
Könnt' ich eine Schwalbe ſeyn!
Mit dem Sommer wollt' ich fliehen,
Nach dem ſchönen Süden ziehen,
Stillvergeſſend meine Pein. ö
Meine Luſt nur wollt' ich kunden
Dort den ewig heiter'n Gruͤnden,
Und aus manchem trauten Dach
Folgte mir ein Seufzer nach!
Ach! waͤr' ich ein Adler doch!
Muͤßt' ich auch in Lüften wohnen,
Trüg' ich wohl in jenen Zonen
Meiner Liebe Himmel noch.
Laut den Höhen wollt' ich's nennen,
Gerne droben es bekennen,
Wie der Liebe Zauberklang
Meinen Adlerſinn bezwang.
Johann Gabr. Seidl.
— — —— — —— — — » — — — —èͤ — —
Wohl und Wehe.
(Fortſetzung.)
7.
Polhöhe der Seligkeit. ö
Der alte Lamonn, von Herzen erfreut, einen fernen alten
Bekannten bewirthen zu koͤnnen, zumal einen, der gleiche
Neigungen mit ihm theilte, ließ Eduard nun ſobald nicht
weiter wandern, und ich glaube, dieſer blieb recht gern,
auch ohne umſtaͤndliche Nöthigung.
Hatte er den Tag über mit ſeinem gaſtfreundlichen
Wirthe geſchaͤftig die weitlaͤuftigen Aecker und Weinberge
beſichtigt, (denn der alte Herr war trotz ſeiner 65 Jahre
noch jugendlich rüͤſtig, und überall anweſend und ordnend,
nach ſeinem Wahlſpruche: „Wo der Herr nicht ſieht, nie
der Waizen bluͤht.)) oder die Holzungen durchſtreift, die
ſich an die Vorberge des Jura hinaufzogen, ſo empfing am