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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (3) — 1823

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No 14-25 (Februar 1823)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22118#0107

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Hxe

Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.

Nro. 22. Mittwoch den 19. Februar 1823.

Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.

Die Brieftaſche.
— (Cortletzun g.) ö
Ey1. ſind Sie's wirklich, Vetter? oder iſt's Ihr
Geiſt? rief ihm Donna Eleonora entgegen.
Fuͤr diesmal Tante, ſprach Visconti und trat
näher; fuͤr diesmal halten Leib und Seele noch
zuſammen! ö ö
Wir waren alle aufgeſtanden und begruͤßten ihn.
Ich komme dieſen abzuholen! fuhr er fort, und

deutete auf mich. — Die ganzen Egquipagen gehen

vorwaͤrts nach Vicenza. Ich habe in dieſem Augen-
blicke den Befehl dazu von Razzola hierher ge-
bracht. ö
Der Marcheſe winkte, ein Bedienter legte ſchnell
noch ein Couvert neben das meinige, dann ſagte
der alte Herr: Ich bitte, Vetter! nehmen Sie ge-
faͤlligſt Platz. Sie werden nach dem weiten Ritt
Erquickung noͤthig haben. ö
Sie ſind gekommen, Vetter! nahm die Tante
das Wort als wir wieder ſaßen, — gleichnißweiſe
zu reden, wie der Wolf in der Fabel, denn wir
ſprachen ſo eben von Ihnen ..... . . Aber
nichts als Liebes, Gutes! ſezte ſie hinzu, da Vis-

conti erſt ſie, dann mich anſah. — Der Herr hat-
vorhin ein Billet von Ihnen erhalten, und da
kam die Rede drauf, daß wir die Ehre haͤtten mit
Ihnen verwandt zu ſehn.
Haſt Du das Portefeuille? fragte mich mein
Rachbar. ö
Ja wohl! ſagte ich und wollte aufſtehn, es zu
holen.
Laß das nur bis hernach! verſezte jener mit den
Augen winkend, und ich blieb.
Visconti wurde nun von der nicht neugierigen
Tante gerade ſo examinirt wie fruͤher ich; bis end-

lich der Marcheſe mit dem Stuhle ruͤckte und die

Tafel aufgehoben ward.

»Wir gingen alle in das mit Bildern tapezirte

Nebenzimmerz, wo der Kaffee wartete, und ich be-
trachtete mit innigem Vergnuͤgen ein vortreffliches

Landſchafts-Gemaͤlde mit einer Menge meiſterhaft
gezeichneter Figuren. — Das iſt ein Meiſterſtuͤck
von einem vaterlaͤndiſchen Kuͤnſtler, bemetkte der
Marcheſe. Unfehlbar eins von Giacomo Baſſano's,

oder wie ſein eigentlicher Rame hieß, von Giacomo
da Ponte's beſten Werken, deren ich verſchiedene
 
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