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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (3) — 1823

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No 14-25 (Februar 1823)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22118#0121

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Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.

Nro. 25. Mittwoch den 26. Februar 1823.

Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.

An den Genius des Jahrs 1823.

Was verziehn du ſo lang', o Genius, in der Bedrängniß

Hülfe zu leih'n dem Volk, das du ſo herrlich erhobſt:
Was auch verzö gern ſo lange die Mächtigen, ſich zu vereinen,
Um aus barbariſcher Hand edele Kraft zu befrei'n 2. ö
Doch wenn dieſe auch fehlen, ſo haſt du ſie nicht verlaſſen
Muth einhauchend der Schaar, wie des Leonidas einſt!

Rab/ o Hehrer, damit nicht zürnen die Geiſter der Helden /

Die dem belleniſchen Land Freiheit erworben und Glück:
Vielmehr rege du auf des Herzens Gefühl und Empfindung,
Daß, um den man ſo ſchwer kämpfet, nicht tadle den Zweck,
Sondern daß ſich die Macht der feingeſinnten Europa
Sammel', und Menſchlichkeit fördr', und geordneten Geiſt.

Dann wirſt du noch geprieſen, o Genius, einſt von der Nachwelt,

Die Briefta ſchee.

ö ö Fortſetzung.
Don Venanzio trat mit einer freundlichen Verbeu-

zung herein. — „Herr Lieutenant!“ ſagte er,
nachdem ich ihn voll Erſtaunen uͤber den unerwar-

teten Beſuch auf Viscontis kaum verlaſſenen Platz
zum ſitzen genoͤthigt hatte: — „Herr Tieutenant!
die gnaͤdige Graͤfin hat mit innigem Vergnuͤgen,

in dem Freunde ihres lieben Pflege⸗-Sohnes, einen
ſo gebildeten und ſo verſtandigen ijungen Mann
kennen gelernt, daß ſie ſich in der erſten Stunde
Ihrer perſonlichen Bekanntſchaft aufgefodert findet,
in Sie ein Vertrauen zu ſetzen, das man ſonſt
nur in verjaͤhrte Freunde zu ſetzen pflegt.“
Ich erwiederte etwas, das einem ablehnenden
Komplimente aͤhnlich ſehen ſollte.
„Ich bin beauftragt,“ fuhr der nnterbrochene
Redner fort, „Im Namen der gnaͤdigen Graͤfin
Ihr Ehrenwort zu fodern, daß Sie ihr, wenn
Sie konnen, unumwundene Auskunft uͤber einen
Gegenſtand geben wollen, der ihren ſchoͤnſten Hoff-
nungen Gefahr zu drohen ſcheint.“
Wenn ich kann! war meine halbgebrochene Ant-
wort. — Denn ich muß geſtehen, ich fuͤhlte mich
nicht wenig beklommen; und zum Ueberfluſſe trat
mein Reitknecht in dem Augenblick herein, um

ganz leiſe die verhaͤngnißvolle Brieftaſche fuͤr den

Eigenthuͤmer von mir zu verlangen. — „Jezt un-
moͤglich! Komm hernach wieder!“ war alles was
ich dem weltklugen Diener mit einem ſcheuen Wink

auf meinen Rachbar entgegnen konnte.
 
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