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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (3) — 1823

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No 40-52 (April 1823)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22118#0197

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Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer,

Nro. 40. Mittwoch den 2. April 1823.

Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.

An Pauhiachen in D.

viev ſcheint mir doch ein machtiges Weſen
glaub' nicht, daß ich werd' wieder geneſen,
hatt' doch ſonſt für Mädchen keinen Sinn
wandte mich mehr zur Wiſſenſchaft hin —
doch jetzt — fühl' ich der Lieb' heiß Brennen —
möcht' doch aber auf Erden was ſuͤß'res noch kennen!
Iſts doch bereits gar lange Zeit,
daß ich dich, mein Paulinchen, ſah,
bleibt mir dein Bild doch immer nah.
Mag drum auch nur die Ein ſamkeit
gern leiden; treib' weder Kurzweil, noch Scherz. —
Gott wie war doch ſonſt ſo froh mein Herz!
Kummer und Gram zerwühlen die Bruſt
zum denken und ſchaffen — iſt weg die Luſt.
Muß aber immer aufs Neue bekennen,
Niemand kann Schön'res als Liebe mir nennen.
Lieb' Mädchen im Sinn, welch ſeeligen Rauſch
ich wahrhaftig nicht mit Kronen vertauſch'.
Und wenn ich mein Liebchen, das Niedlich'/ erß ſchau,
Blondinchen, roth Bäckchen, die Aeuglein voll Blau
das ſchelmiſche Kinn, den roſigen Mund,
can dem ich wohl hing die ewige Stund
das macht mich ſo muthig, ſag' keck 's iſt die Beſt
mögt gehen nach Norden, Süd, Oſt oder Weſt.
Und wer einſt wird ſagen, Paulinchen ſey dein,
ſoll wahylich der Erſte beim Hochzeitfeſt ſeyn.

Der Wilddieb.
(Fortſetzun g.)
Als ich erwachte, ſtand mein alter Forſtlaufer ne-
ben dem Bette, hielt mir einen hohen Buͤſchel
bluͤhender Palmen entgegen, laͤchelte und ſprach:
„Ausgeſchlaͤfen, lieber Herr Foͤrſter? Das Chriſt-

kind laͤßt ſich empfehlen, und da waͤr' eine warme

Welle Reiſig, wie man's im Paradies macht. Froͤh⸗
liche Feiertage, lieber Herr, und ein froͤhlich Herz!“
Er legte den Strauß auf die Bettdecke und ging
mit zufriedenem Laͤcheln hinaus. — Ich ſtand feſt-
lich geſtimmt auf; die Weidenreiſer, aus denen
der ehrliche Alte in Waſſer und warmer Stube die
Bluͤthenſproſſen gelockt hatte, regten mir Gefuͤhle
des Fruͤhlings und eines heitern Friedens auf. Aber
drauſſen knarrten im Schnee die Fußtritte des Geſin-
des, und die Fenſter waren dick uͤberfroren. Ich
trat in den Erker, und mein Herz ging auf, wie

in der Stunde der Andacht, wo die reine Welle

des Gefuͤhls an ein unbekanntes Ufer getrieben

wird, und ſich faͤrbt von dem Boden und Bluͤthen-

ſtaube der Zukunft. Aus dieſem Bodenſatz ließe
ſich weiſſagen, dachte ich, wenn er nur niederzu-
 
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