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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (3) — 1823

DOI Kapitel:
No 92-104 (August 1823)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22118#0458

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9.S SꝓS

Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.

Nro. 94. Mittwoch den 6. Auguſt 1823.

Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.

D ie junge Gefäng ni 5wa rte rin. Denk' ich einſam traurend ſein,

Ach, der edle ſchoͤne Mann
Duldet viel in Acht und Bann! —
Nah' ich ihm mit Speis und Trank, ö
Roͤthen ſich die bleichen Wangen
— Und er winkt mir freundlich Dank,
Recht als läg' er nicht gefangen.

Sprechen darf der Arme nicht,
Doch ſein großes Auge ſpricht
Ja mit ſolcher Uebermacht,
Daß ich gern und klar verſtehe
Was er denken wird, gedacht,
Oder denkt in meiner Naͤhe.

Mir auch lehrt die Wangengluth *

Daß ihm kund mein Auge thut:
Glaube deutſcher Juͤngning mir,
Waär' ich Obherr dieſer Veſte
Daß ich mit Entzuͤcken dir
Augenblicks die Feſſeln loͤste.

Mich umſchweben fuͤr und fuͤr,
Leben will ſein Geiſt in mir.
Wenn ich ungern ſcheiden muß
Starrt er weinend zu den Hoͤhen,
Als ob nun ſein Genius
Und ſein Glück auf ewig flohen.

Oeffn' ich kaum das Fenſterlein,
Singt er zu der Laute Klang
Daß ſein Schickſal feindlich wüte,
Doch ein Engel Drang und Zwang
Tauſendfaltig ihm vergüte.

Himmel! Druͤckt ihn Tyrannei
Iſt er ſchuldlos, gib ihn frei.
Wenn kein Liebchen ſeiner harrt
In der Heimath, ſo verſchöne
Gnädig mir die Gegenwart,
Und der Treue Schwur ertoͤne!
Hausg.

2222 —— — —— 2424 — — —— —..... —

Der Hofrath.

Sch lu“ ſ6.

Am dritten Tage reiſte ich von Darmſtadt zuruͤck, und ging,
da es noch fruͤh war, nicht die Straße, ſondern uͤber den
heiligen Berg nach Heidelberg. Ich genoß, gelagert unter
den Trummern des alten, Kloſters den heitern Sonnenun-
tergang, und ſchon begannen die fruͤhen Herbſtnebel ſich

grau in Thaͤlern zu erheben, als ich die wohlbekannte Stim-

me des Hofraths vernahm, nur klang ſie diesmal rauher und
dumpfer: *
 
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