Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (3) — 1823
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https://doi.org/10.11588/diglit.22118#0329
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No 66-78 (Juni 1823)
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- Einband
- Titelblatt
- [Inhalt]
-
No 1-13 (Januar 1823)
-
No 14-25 (Februar 1823)
-
No 26-39 (März 1823)
-
No 1 Intelligenzblatt zur Charis
-
No 40-52 (April 1823)
-
No 53-65 (Mai 1823)
-
No 66-78 (Juni 1823)
-
No 2 Intelligenzblatt zur Charis
-
No 79-91 (Juli 1823)
-
No 92-104 (August 1823)
-
No 105-117 (September 1823)
-
No 3 Intelligenzblatt zur Charis
-
No 118-130 (Oktober 1823)
-
No 131-143 (November 1824)
-
No 144-157 (Dezember 1824)
-
No 4 Intelligenzblatt zur Charis
- Inhalt
- Einband
- Maßstab/Farbkeil
., ...
Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.
Nro. 68. Sonnabend den 7. Juni
18²23.
Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.
Geiſterſtimmen um Eleuthens(5 Grabe.
„Seltſam iſt Prophetenlied,
Doypelt ſeltſam, was geſchieht.
Göthe.
Neu aufathmet das Land, die ſklaviſche Nacht iſt entſchwunden,
Und dem befreiten Dag jauchzet das glückliche zu;
Gräber eröffnen den Schoos, es zerſtäubt der Sarg vor dem
ö Lichte,
Und aus dem Dunkel der Gruft ſteigen die Todten herauf.
Merlin, ſage mir an, uralter prophetiſcher Zaubrer,
K Wo iſt Eleuthens Grab? Stieg ſie zum Lichte zurück?
Kehrſt du nicht heute zurück, Hochheilige, kehreſt du nimmer,
Und der verlaſſene Menſch ſchmachtet vergebens nach dir!
2. ö
Schweig/ du forſcheſt umſonſt nach Eleuthens ſichtbarem Grabe
Denn in den Geiſtern wohnt, hat ſie nur immer gewohnt.
Siehe, ſo weit das Jungfrauland die Fluthen beſpühlen,
Reget ihr Odem ſich jetzt. Ahneſt du nicht ihren Tritt?
Glückliche! wo die Flüchtige darf gaſtfreundlich verweilen:
Dort reift ſchöner die Frucht, ſchöner die Traube der Höhn.
ö 3.
Sang der Tragöde (0: „Der Gott ſtürzt übermäßige Leiber
Und nichtswürdige ſtets zürnend in ſchmähliches Leid,
( ENMEνVeHA.
() Sophocles Ajax. V. 769.
Denket ein Menſch hinaus kühn über die Grenzen der Menſch-
heit.“
Hörſt du den zitternden Ton, der aus den Tiefen erklingt?
„Ungeheures gebar mich, und Ungeheures vollbracht ich;
Aber es decket mich nun achtlos das ſchäumende Meer, —
Hüllt' ich Eleuthen in Nacht und die welterhellende Sonne,
Aber ich ſank, und nun treten verjüngt ſie hervor.“
4.
Warum beſtaunt ihr ſie fremd, die wiedererſtandene Göttin?
Iſt ſie dieſelbe nicht mehr, die ihr ſo ſehnlich gewünſcht?
SueviſcherRhein, und du kaum entquollener Iſter, ihr grüßt ſie
Traulich; doch weiß ich, wo man ſcheu nur von fern ſie
beſieht.
5.
O verſtoßet mich nicht, ſchaut nicht ſo kalt mich und fremd an!
Rieft ihr nicht jammerd zu mir? Fluchtet der Ketten ihr nicht?
Und ich löſete ſie, mein Hauch erregte die Geiſter;
Jetzt doch ein nichtih Phantom ſcheint euch mein treibender Geiſt.
* ö [Schluß folgt.)
22.—2—
— —— — —m — 2— — — 22 ————
Die Huſſiten.
(Fortſetzun g.)
In ſeinem Gezelte vor der brennenden Stadt Pra-
chatiz ſaß Prokop von Uſtie, in voller Waffenruͤ—
ſtung und blickte erwartend nach dem Eingang, wo
Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.
Nro. 68. Sonnabend den 7. Juni
18²23.
Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.
Geiſterſtimmen um Eleuthens(5 Grabe.
„Seltſam iſt Prophetenlied,
Doypelt ſeltſam, was geſchieht.
Göthe.
Neu aufathmet das Land, die ſklaviſche Nacht iſt entſchwunden,
Und dem befreiten Dag jauchzet das glückliche zu;
Gräber eröffnen den Schoos, es zerſtäubt der Sarg vor dem
ö Lichte,
Und aus dem Dunkel der Gruft ſteigen die Todten herauf.
Merlin, ſage mir an, uralter prophetiſcher Zaubrer,
K Wo iſt Eleuthens Grab? Stieg ſie zum Lichte zurück?
Kehrſt du nicht heute zurück, Hochheilige, kehreſt du nimmer,
Und der verlaſſene Menſch ſchmachtet vergebens nach dir!
2. ö
Schweig/ du forſcheſt umſonſt nach Eleuthens ſichtbarem Grabe
Denn in den Geiſtern wohnt, hat ſie nur immer gewohnt.
Siehe, ſo weit das Jungfrauland die Fluthen beſpühlen,
Reget ihr Odem ſich jetzt. Ahneſt du nicht ihren Tritt?
Glückliche! wo die Flüchtige darf gaſtfreundlich verweilen:
Dort reift ſchöner die Frucht, ſchöner die Traube der Höhn.
ö 3.
Sang der Tragöde (0: „Der Gott ſtürzt übermäßige Leiber
Und nichtswürdige ſtets zürnend in ſchmähliches Leid,
( ENMEνVeHA.
() Sophocles Ajax. V. 769.
Denket ein Menſch hinaus kühn über die Grenzen der Menſch-
heit.“
Hörſt du den zitternden Ton, der aus den Tiefen erklingt?
„Ungeheures gebar mich, und Ungeheures vollbracht ich;
Aber es decket mich nun achtlos das ſchäumende Meer, —
Hüllt' ich Eleuthen in Nacht und die welterhellende Sonne,
Aber ich ſank, und nun treten verjüngt ſie hervor.“
4.
Warum beſtaunt ihr ſie fremd, die wiedererſtandene Göttin?
Iſt ſie dieſelbe nicht mehr, die ihr ſo ſehnlich gewünſcht?
SueviſcherRhein, und du kaum entquollener Iſter, ihr grüßt ſie
Traulich; doch weiß ich, wo man ſcheu nur von fern ſie
beſieht.
5.
O verſtoßet mich nicht, ſchaut nicht ſo kalt mich und fremd an!
Rieft ihr nicht jammerd zu mir? Fluchtet der Ketten ihr nicht?
Und ich löſete ſie, mein Hauch erregte die Geiſter;
Jetzt doch ein nichtih Phantom ſcheint euch mein treibender Geiſt.
* ö [Schluß folgt.)
22.—2—
— —— — —m — 2— — — 22 ————
Die Huſſiten.
(Fortſetzun g.)
In ſeinem Gezelte vor der brennenden Stadt Pra-
chatiz ſaß Prokop von Uſtie, in voller Waffenruͤ—
ſtung und blickte erwartend nach dem Eingang, wo