Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (3) — 1823
Cite this page
Please cite this page by using the following URL/DOI:
https://doi.org/10.11588/diglit.22118#0651
DOI chapter:
No 131-143 (November 1824)
DOI Page / Citation link:https://doi.org/10.11588/diglit.22118#0651
- Einband
- Titelblatt
- [Inhalt]
-
No 1-13 (Januar 1823)
-
No 14-25 (Februar 1823)
-
No 26-39 (März 1823)
-
No 1 Intelligenzblatt zur Charis
-
No 40-52 (April 1823)
-
No 53-65 (Mai 1823)
-
No 66-78 (Juni 1823)
-
No 2 Intelligenzblatt zur Charis
-
No 79-91 (Juli 1823)
-
No 92-104 (August 1823)
-
No 105-117 (September 1823)
-
No 3 Intelligenzblatt zur Charis
-
No 118-130 (Oktober 1823)
-
No 131-143 (November 1824)
-
No 144-157 (Dezember 1824)
-
No 4 Intelligenzblatt zur Charis
- Inhalt
- Einband
- Maßstab/Farbkeil
Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Le ſer.
Nro. 133. Mittwoch den 5. November 1823.
Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.
An Barine.
Des Horaz achte Ode des zweiten Buches.
Schwaͤrzte. Meineid dir, Barine,
Je nur einen Zahn;
Saͤhe man auch blos am Nagel
Dir ein Fleckchen an:
Glaubt' ich dir! Doch, wie der Rache
Dich geweiht dein Schwur,
Strahlſt du ſchoͤner, jedes Juͤnglings
Heiße Sehnſucht nur.
Traun! dir frommt's, der Mutter Aſche
Ulnd verſchwiegner Nacht
Glanzgeſtirn zu taͤuſchen, trotzend
Ew'ger Goͤtter Macht.
Deß lacht Venus, Nymphlein lachen,
Und in freud'ger Eilh
Schaͤrft auf blut'gem Stein der wilde
Amor ſeinen Pfeil.
Ha! dir waͤchſt im Jugendaufwuchs
Minneͤdienſt auch ſchon;
Nie, Zwingherrin, flieht ein Buhle,
Droht er's, deinen Frohn.
Fromme Mütter „karge Greiſe
Sehen ſchon mit Harm
Traute Söhnlein dir am Buſen
ö In der Wolluſt Arm.
Und der jüngſtvermaͤhlten Gattin
Blüheſt du zur Qual,
Ob nicht deiner Reize Zauber
ö Feſſle den Gemahl.
— Feſſ E. Ch. Eccard.
—— — — ——— — ———— — — — —— ——..8
„*
Alnaſchar.
(Aus den von Galland überſetzten arabiſchen Mährchen.)
In Perſien wohnte ein Mann, Namens Alnaſchar. Die-
ſer war, ſo lange ſein Vater lebte, ein rechter Müſſig-
gaͤnger. Nach deſſen Tod beſtand das baare Geld, welches
er erbte, nur in 100 Drachmen (ohngefaͤhr 25 Gulden).
Alnaſchar hatte den Einfall, ſich dafür bei einem Han⸗—
delsmann allerlei Glaswerk, als Flaſchen, Phiolen ꝛc. zu
kaufen. Er legte alles in einen Korb und miethete einen
kleinen Laden, in welchen er ſich ſetzte, den Korb vor ſich
ſtehend und den Rücken an die Wand gelehnt, in der Er-
wartung, daß man ihm ſeine Waare abkaufe. So verlor
er ſich in Traͤumereien, und ſprach folgende Worte laut
genug, um von ſeinem Nachbar, einem Schneider, verſtan-
den zu werden: — ö „
Dieſer Korb mit Glaswaaren (ſagte er) koſtet mich 100
Drachmen, und das iſt alles, was ich beſitze. Durch den
Verkauf im Kleinen werde ich noch 100 gewinnen; dieſe
„200 lege ich dann wieder an, und ſo werden es bald 400
Nro. 133. Mittwoch den 5. November 1823.
Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.
An Barine.
Des Horaz achte Ode des zweiten Buches.
Schwaͤrzte. Meineid dir, Barine,
Je nur einen Zahn;
Saͤhe man auch blos am Nagel
Dir ein Fleckchen an:
Glaubt' ich dir! Doch, wie der Rache
Dich geweiht dein Schwur,
Strahlſt du ſchoͤner, jedes Juͤnglings
Heiße Sehnſucht nur.
Traun! dir frommt's, der Mutter Aſche
Ulnd verſchwiegner Nacht
Glanzgeſtirn zu taͤuſchen, trotzend
Ew'ger Goͤtter Macht.
Deß lacht Venus, Nymphlein lachen,
Und in freud'ger Eilh
Schaͤrft auf blut'gem Stein der wilde
Amor ſeinen Pfeil.
Ha! dir waͤchſt im Jugendaufwuchs
Minneͤdienſt auch ſchon;
Nie, Zwingherrin, flieht ein Buhle,
Droht er's, deinen Frohn.
Fromme Mütter „karge Greiſe
Sehen ſchon mit Harm
Traute Söhnlein dir am Buſen
ö In der Wolluſt Arm.
Und der jüngſtvermaͤhlten Gattin
Blüheſt du zur Qual,
Ob nicht deiner Reize Zauber
ö Feſſle den Gemahl.
— Feſſ E. Ch. Eccard.
—— — — ——— — ———— — — — —— ——..8
„*
Alnaſchar.
(Aus den von Galland überſetzten arabiſchen Mährchen.)
In Perſien wohnte ein Mann, Namens Alnaſchar. Die-
ſer war, ſo lange ſein Vater lebte, ein rechter Müſſig-
gaͤnger. Nach deſſen Tod beſtand das baare Geld, welches
er erbte, nur in 100 Drachmen (ohngefaͤhr 25 Gulden).
Alnaſchar hatte den Einfall, ſich dafür bei einem Han⸗—
delsmann allerlei Glaswerk, als Flaſchen, Phiolen ꝛc. zu
kaufen. Er legte alles in einen Korb und miethete einen
kleinen Laden, in welchen er ſich ſetzte, den Korb vor ſich
ſtehend und den Rücken an die Wand gelehnt, in der Er-
wartung, daß man ihm ſeine Waare abkaufe. So verlor
er ſich in Traͤumereien, und ſprach folgende Worte laut
genug, um von ſeinem Nachbar, einem Schneider, verſtan-
den zu werden: — ö „
Dieſer Korb mit Glaswaaren (ſagte er) koſtet mich 100
Drachmen, und das iſt alles, was ich beſitze. Durch den
Verkauf im Kleinen werde ich noch 100 gewinnen; dieſe
„200 lege ich dann wieder an, und ſo werden es bald 400