Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (3) — 1823
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https://doi.org/10.11588/diglit.22118#0064
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No 1-13 (Januar 1823)
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- Einband
- Titelblatt
- [Inhalt]
-
No 1-13 (Januar 1823)
-
No 14-25 (Februar 1823)
-
No 26-39 (März 1823)
-
No 1 Intelligenzblatt zur Charis
-
No 40-52 (April 1823)
-
No 53-65 (Mai 1823)
-
No 66-78 (Juni 1823)
-
No 2 Intelligenzblatt zur Charis
-
No 79-91 (Juli 1823)
-
No 92-104 (August 1823)
-
No 105-117 (September 1823)
-
No 3 Intelligenzblatt zur Charis
-
No 118-130 (Oktober 1823)
-
No 131-143 (November 1824)
-
No 144-157 (Dezember 1824)
-
No 4 Intelligenzblatt zur Charis
- Inhalt
- Einband
- Maßstab/Farbkeil
5
Rheiniſche Morgenzeitung für gebildete Leſer.
Nro. 13. Mittwoch den 29. Januar 1823.
BVerantwortlich er Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.
Der Barde in den Kampf ziehend.
und wird auch nie ſich heben der Sang zu kühnen Höh'n,
Und keine Blume leben, und jeder Klang verweh'n:
Es klingt ein Lied im Herzen viel höher als Saitenſpiel
Das hellt die Nacht voll Schmerzen im Blick nach fernem Ziel.
Wenn fürchterliches Schweigen rings durch die Seele geht,
Kein Liebeslaut aus Zweigen, kein Gruß uns mehr umweht,
Dann ſteigt aus dunkeln Nächten das Hohelied empor
Und wehrt den ſinſtern Mächten, ſtark wie ein Geiſterchor.
uUnd mit gar ſüßen Worten ſpielt es in trunkner Bruſß,
Die öffnet ihre Pforten verklärter Liebesluſt.
Es winkt auf ödem Pfade der Wunderblume Gruß,
Die voll der hohen Gnade uns ließ der Genius.
Und alle Säfte glühen, und ſchwellend treibt die Kraft,
Und fühlt zu Kampf und Mühen ſich mächtig aufgerafft.
Was willſt du heihes Mahnen? wohl iſt dein Ruf ſo klar,
Zum Heldenpfad der Ahnen, zum großen Weihalter.
Die Recken ſeh' ich winken, die Barden reich bekraͤnzt
Aus goldner Schaale trinken dort, wo Walhalla glänzt.
Zur Rechten ſteht die Liebe, zur Linken ſleht der Tod
Fort! wird es hler auch trühe: dort leuchtet Morgenroth.
111 17111 E. Münch.
Deer Martyrer ſeiner ſelb ſt.
ö I[Sortſetzun g.]
„Aus Gram uͤber ihre Lage, uͤber die ihr aufge-
drungene Verbindung mit einem ungeliebten, ſelbſt
unbekannten Manne, und uͤber die nahe Entfer-
nung ihres Jugendfreundes, erkrankte Joſephe,
ohne jedoch aus Schaam und Furcht vor Entde-
ckung ihres Zuſtandes ſich ihren Eltern zu verra-
then. — Nur Don Antonio war in unbewachten
Momenten der Vertraute ihrer koͤrperlichen Leiden
und verſprach Linderung zu bringen. Einem jun-
gen, allgemein in Liſſabon geachteten Arzte, ſeinem
Jugendfreunde, mußte der ungluͤckliche Antonio
ſeine Herzensangelegenheit, und das Beduͤrfniß
ſeiner Geliebten entdecken. Von dieſem erhielt er
ein Linderungsmittel fuͤr Joſephens koͤrperliche Lei-
den — fuͤr Leiden ihres Herzens hatte der Arzt
keines — und in der Abſicht, ſeiner Freundin
heimlich von Zeit zu Zeit einige Tropfen der Arz-
nei zu bringen, ſtellte Antonio das Glas, welches
den Linderungstrank enthielt, eben in einen Winkel
ſeines Zimmers, als Don Pedro erntrat, um mit
ihm wegen ſeiner Abreiſe nach Rochelle das Nähere
Rheiniſche Morgenzeitung für gebildete Leſer.
Nro. 13. Mittwoch den 29. Januar 1823.
BVerantwortlich er Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.
Der Barde in den Kampf ziehend.
und wird auch nie ſich heben der Sang zu kühnen Höh'n,
Und keine Blume leben, und jeder Klang verweh'n:
Es klingt ein Lied im Herzen viel höher als Saitenſpiel
Das hellt die Nacht voll Schmerzen im Blick nach fernem Ziel.
Wenn fürchterliches Schweigen rings durch die Seele geht,
Kein Liebeslaut aus Zweigen, kein Gruß uns mehr umweht,
Dann ſteigt aus dunkeln Nächten das Hohelied empor
Und wehrt den ſinſtern Mächten, ſtark wie ein Geiſterchor.
uUnd mit gar ſüßen Worten ſpielt es in trunkner Bruſß,
Die öffnet ihre Pforten verklärter Liebesluſt.
Es winkt auf ödem Pfade der Wunderblume Gruß,
Die voll der hohen Gnade uns ließ der Genius.
Und alle Säfte glühen, und ſchwellend treibt die Kraft,
Und fühlt zu Kampf und Mühen ſich mächtig aufgerafft.
Was willſt du heihes Mahnen? wohl iſt dein Ruf ſo klar,
Zum Heldenpfad der Ahnen, zum großen Weihalter.
Die Recken ſeh' ich winken, die Barden reich bekraͤnzt
Aus goldner Schaale trinken dort, wo Walhalla glänzt.
Zur Rechten ſteht die Liebe, zur Linken ſleht der Tod
Fort! wird es hler auch trühe: dort leuchtet Morgenroth.
111 17111 E. Münch.
Deer Martyrer ſeiner ſelb ſt.
ö I[Sortſetzun g.]
„Aus Gram uͤber ihre Lage, uͤber die ihr aufge-
drungene Verbindung mit einem ungeliebten, ſelbſt
unbekannten Manne, und uͤber die nahe Entfer-
nung ihres Jugendfreundes, erkrankte Joſephe,
ohne jedoch aus Schaam und Furcht vor Entde-
ckung ihres Zuſtandes ſich ihren Eltern zu verra-
then. — Nur Don Antonio war in unbewachten
Momenten der Vertraute ihrer koͤrperlichen Leiden
und verſprach Linderung zu bringen. Einem jun-
gen, allgemein in Liſſabon geachteten Arzte, ſeinem
Jugendfreunde, mußte der ungluͤckliche Antonio
ſeine Herzensangelegenheit, und das Beduͤrfniß
ſeiner Geliebten entdecken. Von dieſem erhielt er
ein Linderungsmittel fuͤr Joſephens koͤrperliche Lei-
den — fuͤr Leiden ihres Herzens hatte der Arzt
keines — und in der Abſicht, ſeiner Freundin
heimlich von Zeit zu Zeit einige Tropfen der Arz-
nei zu bringen, ſtellte Antonio das Glas, welches
den Linderungstrank enthielt, eben in einen Winkel
ſeines Zimmers, als Don Pedro erntrat, um mit
ihm wegen ſeiner Abreiſe nach Rochelle das Nähere