Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (3) — 1823
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https://doi.org/10.11588/diglit.22118#0404
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No 79-91 (Juli 1823)
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- Einband
- Titelblatt
- [Inhalt]
-
No 1-13 (Januar 1823)
-
No 14-25 (Februar 1823)
-
No 26-39 (März 1823)
-
No 1 Intelligenzblatt zur Charis
-
No 40-52 (April 1823)
-
No 53-65 (Mai 1823)
-
No 66-78 (Juni 1823)
-
No 2 Intelligenzblatt zur Charis
-
No 79-91 (Juli 1823)
-
No 92-104 (August 1823)
-
No 105-117 (September 1823)
-
No 3 Intelligenzblatt zur Charis
-
No 118-130 (Oktober 1823)
-
No 131-143 (November 1824)
-
No 144-157 (Dezember 1824)
-
No 4 Intelligenzblatt zur Charis
- Inhalt
- Einband
- Maßstab/Farbkeil
Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Le ſer.
Nro. 83. Sonnabend den 12. Juli 1823.
Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.
König Arthur's Geburt.
Balladenkranz von Ludwig Halirſch.
I. ö
Der wilde König Uther lag vor Schloß Terabil,
Ein Lamm in Frauen Armen, ein Leu im Kriegsgewühl!
So lag er mondenlange mit ſeinem kühnen Heer,
Und konnt' die Burg nicht zwingen, der doch bezwang das Meer.
»Du Herzoglein dort Oben, gib mir dein blühend Weib,
Sollſt Land und Leute haben, umfaß' ich ihren Leib,
Sollſt meine Krone theilen, ſollſt Koͤnig mit mir ſeyn,
Läͤßt ſie mich nur drei Naͤchte in ihre Kammer ein!“
„„Du Koͤniglein dort Unten, behalte Land und Leut,
„Schoön' Igavine küß' ich und ſieg' im blut'gen Streit —
Nicht mag ich deine Krone, biſt mir ein ſchwacher Held,
„Bei Dirnen nur ein Rieſe, ein Zwerg im Kampfesfeld 1
ö Da flammt im argen Zorne das wilde Koͤnigsherz,
Doch fruchtlos rennt er gegen das ſtarre Felſenerz —
Schloß Terabil ſchaut höͤhnend den grimmen Uther an,
Und ſtehet ſeinen Stürmen, ein kecker Eiſenmann!
——.—— (Forrſetzung foigt.)
Die Huſſiten.
(Cortſezun g.) ö
Mitten unter ſteilen Felſen und dichtverwachsnem Gebüſche
hielt Viktorin von dem raſchen Laufe inne. Erſchoͤpft,
athemlos legte er ſeine theure Laſt auf den Raſen nieder,
verzweiflungsvoll blickte er auf ihre geſchloſſenen Augen.
Wehe! wehe! rief er in bangem Klagen, ſo iſt auch ſie
verſchieden, ſo will ich nicht mehr leben —
Er hatte ſeine Klage noch nicht ausgeſprochen, da bewegten
ſich ihre Arme und die matten Augen blickten empor auf den
knieenden Viktorin. Erſchreckt fuhr ſie auf und rief: Lebſt
du Sigismund? aber ſie beſann ſich bald und hielt beide
Haͤnde feſt vor die Augen.
Kennſt du deinen Viktorin nicht mehr? fragte dieſer
ſanft und ſchonend.
Nicht mehr! fuhr Lodoiska auf. Verbrannt, o barm⸗—
herziger Gott! Sie ſah ihm ſtarr in die Augen, daß er
ſelbſt unwillkuͤhrlich bebte, und ſagte dann: Aber dich kenne
ich wohl, du biſt ja mein einziger Gefaͤhrte in Noth
und Tod. ö
In Noth und Tod! ſagte Viktorin und umſchlang die
Weinende innig, ſie aber ſchien keinen Sinn mehr fuͤr die
Erde zu haben, denn ihr Blick hing nur an dem Himmel,
und ploͤtzlich ſagte ſie mit ſchreckender Kaͤlte: Haſt du denn
geſehen, wie er nach uns hinblickte und wie Rauch und
Flamme ſeine Worte erſtickten, die ſich ſo gern in dem
lieblichen: Vater! Mutter! ergoſſen haͤtten.
Armer, geopferter Knabe! jammerte Viktorin, armes,
unglückliches Weib! O warum, Gott! haſt du uns je zuſam-
mengeführt, warum die ungeheure Flamme in uns entzuͤndet —
Die heute die unſchuldige Frucht jener Zeit verſchlang,
ſagte Lodoiska, zerriſſen von raſendem Schmerz.
Nro. 83. Sonnabend den 12. Juli 1823.
Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.
König Arthur's Geburt.
Balladenkranz von Ludwig Halirſch.
I. ö
Der wilde König Uther lag vor Schloß Terabil,
Ein Lamm in Frauen Armen, ein Leu im Kriegsgewühl!
So lag er mondenlange mit ſeinem kühnen Heer,
Und konnt' die Burg nicht zwingen, der doch bezwang das Meer.
»Du Herzoglein dort Oben, gib mir dein blühend Weib,
Sollſt Land und Leute haben, umfaß' ich ihren Leib,
Sollſt meine Krone theilen, ſollſt Koͤnig mit mir ſeyn,
Läͤßt ſie mich nur drei Naͤchte in ihre Kammer ein!“
„„Du Koͤniglein dort Unten, behalte Land und Leut,
„Schoön' Igavine küß' ich und ſieg' im blut'gen Streit —
Nicht mag ich deine Krone, biſt mir ein ſchwacher Held,
„Bei Dirnen nur ein Rieſe, ein Zwerg im Kampfesfeld 1
ö Da flammt im argen Zorne das wilde Koͤnigsherz,
Doch fruchtlos rennt er gegen das ſtarre Felſenerz —
Schloß Terabil ſchaut höͤhnend den grimmen Uther an,
Und ſtehet ſeinen Stürmen, ein kecker Eiſenmann!
——.—— (Forrſetzung foigt.)
Die Huſſiten.
(Cortſezun g.) ö
Mitten unter ſteilen Felſen und dichtverwachsnem Gebüſche
hielt Viktorin von dem raſchen Laufe inne. Erſchoͤpft,
athemlos legte er ſeine theure Laſt auf den Raſen nieder,
verzweiflungsvoll blickte er auf ihre geſchloſſenen Augen.
Wehe! wehe! rief er in bangem Klagen, ſo iſt auch ſie
verſchieden, ſo will ich nicht mehr leben —
Er hatte ſeine Klage noch nicht ausgeſprochen, da bewegten
ſich ihre Arme und die matten Augen blickten empor auf den
knieenden Viktorin. Erſchreckt fuhr ſie auf und rief: Lebſt
du Sigismund? aber ſie beſann ſich bald und hielt beide
Haͤnde feſt vor die Augen.
Kennſt du deinen Viktorin nicht mehr? fragte dieſer
ſanft und ſchonend.
Nicht mehr! fuhr Lodoiska auf. Verbrannt, o barm⸗—
herziger Gott! Sie ſah ihm ſtarr in die Augen, daß er
ſelbſt unwillkuͤhrlich bebte, und ſagte dann: Aber dich kenne
ich wohl, du biſt ja mein einziger Gefaͤhrte in Noth
und Tod. ö
In Noth und Tod! ſagte Viktorin und umſchlang die
Weinende innig, ſie aber ſchien keinen Sinn mehr fuͤr die
Erde zu haben, denn ihr Blick hing nur an dem Himmel,
und ploͤtzlich ſagte ſie mit ſchreckender Kaͤlte: Haſt du denn
geſehen, wie er nach uns hinblickte und wie Rauch und
Flamme ſeine Worte erſtickten, die ſich ſo gern in dem
lieblichen: Vater! Mutter! ergoſſen haͤtten.
Armer, geopferter Knabe! jammerte Viktorin, armes,
unglückliches Weib! O warum, Gott! haſt du uns je zuſam-
mengeführt, warum die ungeheure Flamme in uns entzuͤndet —
Die heute die unſchuldige Frucht jener Zeit verſchlang,
ſagte Lodoiska, zerriſſen von raſendem Schmerz.