Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (3) — 1823
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https://doi.org/10.11588/diglit.22118#0400
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No 79-91 (Juli 1823)
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- Einband
- Titelblatt
- [Inhalt]
-
No 1-13 (Januar 1823)
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No 14-25 (Februar 1823)
-
No 26-39 (März 1823)
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No 1 Intelligenzblatt zur Charis
-
No 40-52 (April 1823)
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No 53-65 (Mai 1823)
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No 66-78 (Juni 1823)
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No 2 Intelligenzblatt zur Charis
-
No 79-91 (Juli 1823)
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No 92-104 (August 1823)
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No 105-117 (September 1823)
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No 3 Intelligenzblatt zur Charis
-
No 118-130 (Oktober 1823)
-
No 131-143 (November 1824)
-
No 144-157 (Dezember 1824)
-
No 4 Intelligenzblatt zur Charis
- Inhalt
- Einband
- Maßstab/Farbkeil
.
+ —
—6
Rheiniſche Morgenzeitung für gebildete Leſer.
Nro. 82. Mittwoch den 9. Juli 1823.
Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.
Die Gewitternacht. Ferne Donner hoͤrt' ich furchtbar rollen
— — Blitze zuckten durch die finſtre Nacht
Hingeſchieden war der Sonne Feuer. ö Und des Himmels zürnend ſchweres Grollen
Still verſchwand der Abendroͤthe Gllt; Nahte ſich in ſchauervoller Pracht.
Duͤſter ſank ein grauer Nebelſchleier ö Heulend zog das Wetter durch die Luͤfte,
Auf die Erde, auf der Stroͤme Flut. Guͤſſe ſtroͤmten aus der Wolken Schooß;
Denn aus des Gebirges engen Klüften
An der ho ö
hohen nachtumflorten Deche Brachen tobend die Orkane los.
Brannte milder Sterne mattes Licht,
Hinter einer dunklen Felſenecke Ploͤtzlich faͤhrt ein blauer Strahl hernieder
Stieg hervor des Mondes bleich Geſicht. Und zerſplittert einer Eiche Stamm,
Sinnend ſank i ö Aus dem Neſt mit ſamtenem Gefieder
Und mis bars ald fuhrte anih em Traum ö Stürzt der Haͤnfling in die Schwefelflamm.
Weit hinweg vom heimathlichen Herde Sinnlos, bebend, ſink' auch ich zur Erde
Ueberfliegend meines Wirkens Raum. Spaͤt erwachend aus der Todesnacht;
Ohne Liebe irrend, ohne Glauben. Schon am Himmel ſtanden Eos Pferde,
Lag ich betend unter Sternenhöhn; Alles grünt' in friſcher Lebenspracht.
Menſchen konnten mir die Hoffnung rauben ö um den Blüthenkelch der zarten Roſe
Milden Troſt gewaͤhrte mir mein Flehn. Schwebt der bunten Schmetterlinge Schaar
Alle Geiſter meiner Jugendfreuden ö In der weiſſen Lilie keuſchem Schooße
Sahn auf mich mit nie gefühlter Luſt, — Prangen Perlenkronen rein und klar.
Alle Schmerzen jahrelanger Leiden Vachtigallen ſingen Liebeslieder;
Schliefen tief in meiner wunden Bruſt. ö „Fromme Lerchen ſteigen in die Luft;
Dankend blickt' ich auf zum Himmelsbogen Phoͤbus Strahlen blicken laͤchelnd nieder;
Doch erloſchen war der Sterne Glanz,. Alle Blumen athmen Balſamduft.
Schwarze Wolken kamen angeflogen Mich ergreift ein freudig innres Beben,
Und verhuͤllten ihren Strahlenkranz. Leiſe zieht mich's nieder zum Geſang;
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Rheiniſche Morgenzeitung für gebildete Leſer.
Nro. 82. Mittwoch den 9. Juli 1823.
Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.
Die Gewitternacht. Ferne Donner hoͤrt' ich furchtbar rollen
— — Blitze zuckten durch die finſtre Nacht
Hingeſchieden war der Sonne Feuer. ö Und des Himmels zürnend ſchweres Grollen
Still verſchwand der Abendroͤthe Gllt; Nahte ſich in ſchauervoller Pracht.
Duͤſter ſank ein grauer Nebelſchleier ö Heulend zog das Wetter durch die Luͤfte,
Auf die Erde, auf der Stroͤme Flut. Guͤſſe ſtroͤmten aus der Wolken Schooß;
Denn aus des Gebirges engen Klüften
An der ho ö
hohen nachtumflorten Deche Brachen tobend die Orkane los.
Brannte milder Sterne mattes Licht,
Hinter einer dunklen Felſenecke Ploͤtzlich faͤhrt ein blauer Strahl hernieder
Stieg hervor des Mondes bleich Geſicht. Und zerſplittert einer Eiche Stamm,
Sinnend ſank i ö Aus dem Neſt mit ſamtenem Gefieder
Und mis bars ald fuhrte anih em Traum ö Stürzt der Haͤnfling in die Schwefelflamm.
Weit hinweg vom heimathlichen Herde Sinnlos, bebend, ſink' auch ich zur Erde
Ueberfliegend meines Wirkens Raum. Spaͤt erwachend aus der Todesnacht;
Ohne Liebe irrend, ohne Glauben. Schon am Himmel ſtanden Eos Pferde,
Lag ich betend unter Sternenhöhn; Alles grünt' in friſcher Lebenspracht.
Menſchen konnten mir die Hoffnung rauben ö um den Blüthenkelch der zarten Roſe
Milden Troſt gewaͤhrte mir mein Flehn. Schwebt der bunten Schmetterlinge Schaar
Alle Geiſter meiner Jugendfreuden ö In der weiſſen Lilie keuſchem Schooße
Sahn auf mich mit nie gefühlter Luſt, — Prangen Perlenkronen rein und klar.
Alle Schmerzen jahrelanger Leiden Vachtigallen ſingen Liebeslieder;
Schliefen tief in meiner wunden Bruſt. ö „Fromme Lerchen ſteigen in die Luft;
Dankend blickt' ich auf zum Himmelsbogen Phoͤbus Strahlen blicken laͤchelnd nieder;
Doch erloſchen war der Sterne Glanz,. Alle Blumen athmen Balſamduft.
Schwarze Wolken kamen angeflogen Mich ergreift ein freudig innres Beben,
Und verhuͤllten ihren Strahlenkranz. Leiſe zieht mich's nieder zum Geſang;