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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (3) — 1823

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No 1-13 (Januar 1823)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22118#0054

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I
ů

Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.

Der Martyprer ſeiner ſelb ſt.

Nach einer wa hren Begebenheit von Alednog.

Als ich — eine Reihe von Jahren iſt ſeitdem vor-

uͤber (ſo erzaͤhlte der Reifende) von Portugall nach

Spanien eilend, durch die Strecken zwiſchen Liſſa

bon und Badajoz fuhr, machte mich mein Ge-
fäͤhrte (ein Spanier) aufmerkſam auf das uralte,
von traurigen Korkbaͤumen halbverdeckte Schloß in

der Naͤhe von Montremos, der erſten Spaniſchen

Garniſonsſtadt. Nie habe ich, ſo weit ich auch in
der Welt herumgekommen bin, eine ſchauerlichere

ben verbannt ſey, aus ſeiner Umgebung! Keine
Huͤtte ſtand in der Naͤhe, kein Weinſtock gruͤnte,
Reine Heerde weidete, und keine Spur 112——
*ſich von Benutzung des, dem Anſehen nach, frucht-
baren, das Schloß umgebenden Bodens. — Wie
wir denn der verfallenen, grauen, mit Moos und
Epheu äberwachſenen Burg naher kamen — ſie

ſuchtes Kloſter von La Trappe — ſah ich die Fen-

— *

Wohnung geſehen. War es doch, als ob alles Le-

erinnerte mich an ein, vormals in Frankreich be-

ſter verſchloſſen, und meiſtens mit Brettero zuge-

nagelt; alle Thuͤren, wie es ſchien, verriegelt; die

Zugangsbruͤcke uͤber den Schloßgraben aufgezogen;
und keine menſchliche Geſtalt ſich regen, in und

neben der verddeten Wohnung. Iſt das die Be-
hauſung des Todes? rief ich meinem Reiſegefaͤhr-

ten zu, oder lebt ein, vom Schickſal Verlaſſener in

dieſen, mit dem Stempel der tiefſten Trauer be-
zeichneten Mauern?
Sie ſind nicht unbewohnt, erwiederte mein Be-
gleiter; ein Ungluͤcklicher hauſet dort, der, ſeit er
vor zwei Jahren in die Burg einzog, niemand
ſah, und der auch von Niemand geſehen wurde,
als von einem greiſen Moͤnch aus dem Hieronhmiter-

Kloſter — das dort links, ſehen Sie — er deu-

tete mit dem Finger nach der Gegend — ſeine ho-
hen Thuͤrme aus der Waldung in die klare Luft
ſtrect. Dieſem Geiſtlichen allein faͤllt die Zug-
bruͤcke, welche der Bewohner des Schloſſes nie be-
tritt, auch kommt und geht jener nur, um aus der
ganzen Umgegend die Klagen der Huͤlfsbeduͤrfligen
in die Burg, und die Hoͤlfe aus derſelben zu tra-
gen. Hinein wuͤrde, wenn man ihm auch oͤfnete,
ſich kein Elender wagen, da man das Schloß als
 
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