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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (3) — 1823

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No 1-13 (Januar 1823)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22118#0053

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——72——9——9—97———. — —— —————— —2 ————— —— ——— —fz.d.........8

Nachrichten aus dem Gebiete der Kuͤnſte und Wiſſenſchaften.

Chronik der Großh. Schaubuͤhne zu Mannheim.

Sonntag, den 12. Januar 1823. ö

Die Uniform. Oper in 2 Abtheilungen, nach
Carpani, von Treitſchke. Muſik von Weigl.

(Siehe Nro. 46. Jahrg. 182r.)
Ueberall hat ſich Weigl, beſonders durch dieſe Oper und durch die
Schweitzerfamilie, große Verehrer erworben. Eine ſchöne Me-
lodie reihet ſich an die andere, ſo daß man faſt jede Rummer
wohlgelungen nennen kann. Angenehm war es eine ſeit dem
2. September 1821 gerubte Oper einmal wieder zu hören die
auch im Ganzen, zwar nicht ſo gut wie ehedem, z. B. am
7. Februar 1819, aber doch immer noch ziemlich brav ausge-
führt wurde. Herr Huber gab den Dorfrichter Fabian zum
2. Debüt. Wir hatten heute mehr Gelegenheit ſein Talent
zu beurtheilen, als in der Nolle des Jakob, und es ſchien uns
als eigene ſich ſein Talent mehr für komiſche als für ſeriöſe
Partien, weil ſeine Stimme, in Verhältniß zu ſeinen Mittel-
tönen, für leztere nicht hinlaͤngliche Tiefe hat; doch iſt er, nach
den Kräften der hieſigen Oper, ein gleich den andern ſehr brauch-
bares Mitglied, beſonders wenn er mit mehr Zuverſicht auftreten,
und die ſichtbare Anerkennung ſeines Fleiſſes ſich den Beifall
des Publikums, wie es ſchon heute der Fall war, erworben
baben wird. In Hinſicht des Spiels, worin Herr Huber vor
vielen Operiſten große Vorzüge hat, würden wir ihn erſuchen
alle jene Handlungen wegzulaſſen, die das Komiſche nicht
vermehren, ſondern in den Augen des Gebildeten nur herab-
ziehen. Herr Gerl war als Schulmeiſter ganz an ſeinem Platz /
und gab dieſe Rolle, wie von jeher, mit paſſender Laune.
Beſonders gut ward von den beiden Alten das große Meiſer-
ſtück dieſer Oper, das herrliche Quartett des erſten Akts durch-
geführt. Dem. Ringelmann (Pauline) bewies, daß ſie in
Spiel und Geſang, täglich vorſchreitet. Herr Wieſeneder
(Baſtian) aber war heute entweder nicht ganz wohl, oder nicht
bei Laune, was jedoch dem beſten Schauſpieler begegnen und
ihm keinesweges ſein Verdienſt benehmen kann.
Erlhadſch.

— —. —————————————————— ———— —f—.———.—.—898

Korreſpondenz⸗Rachrichten.

ö Müitchen, den 15. Januar 1823.
Statt über die Darſtellungen unſers Theaters zu berichten
muß ich Ihnen das traurige Ereigniß mittheilen, das ganz
München mit Schmerz und Wehmuth erfüllt. Das neur
Hoftheater, eines der ſchönſten Inſtitute Baierns ging geſtern
Abend nach d Uhr in Brand auf und ward öhne Rettung ein
Raub des verzehrenden Feuers. Die Oper: „Die beiden Füchſe“
und das Ballet: „Die Wildſchützen“ waren die Vorſtellungen
dieſes verhängnißvollen Abends. Kurz vor dem Schluſſe des

erten Stückes begann der Brand und zwar auf der Bühne

ÆEcÆ⁊˙ f;

Verleger: Karl Groos, Neue akademiſche Buchhaudlung in Heidelberg. — Dru ckerei von F. Kaufmann ſe el. Wikwe.

binter der Mittel⸗Gardine, allwo das wilde Heer aus dem
Greiſchützen, der Sonntags zuvor gegeben wurde und noch auf-

gehängt war, Feuer fing. Kaum war das Theater von
Zuſchauern leer ſo ſtand auch ſchon der ganze Dachfuhl in
heller Flamme.
Der verſtorbene Fiſcher, der Schöpfer dieſes meiſterhaften
Gebäudes, hatte die Vorſicht getroffen daß oben ein Behäl-

ter mit Waſſer angebracht war, um in einem ſolchen Falle,

im erſten Augenblick Hülfe zu ſchaffen. Der günſtige Augen-
blick ward aber verſäumt und nach wenig Minuten ſah man-
leider zu deutlich, daß hier menſchliche Hülfe vergeblich ſey.
Alles arbeitete nun dahin das weitere Umgreifen des Feuers

zu verhüten. Zunächſt an das Theater gränzt das alte könig-

liche Hoftheater und die königliche Reſtdenz. Dieſe Gebäude
wurden durch vorſichtige Maasregeln und angeſtrengtes Arbei-

ten glücklich gerettet. Das alte Theater litt jedoch ziemilichen Scha-

den und wird fürs erſte nicht gleich wieder zu gebrauchen ſeyn.
Der Brand dauerte die ganze Nacht hindurch und noch jezt
ſteigt ein ungeheurer Qualm, hie und da durch die Flamme
unterbrochen, aus den verwüßeten Mauern zum Himmel empor.
Es iſt ein niederſchlagender Anblick dieſen herrlichen Tempel,
den ſich die Muſen zu ihrem Lieblingsaufenthalt erkoren hat-
ten, in Schutt und Aſche zu ſehen. Nur noch die kablen

Wände ragen hoch hervor; das Plafond, ein Meiſterſtück der

Baukunſt, iſt eingeſtürzt, den Marmor des Portals hat die
Hitze zerſprengt, die herabhängende Kupferdecke es Belve-
ders zeigt noch von der chemaligen Pracht. Armer Fiſcher!
ſo verfolgt dich auch das Unglück noch nach dem Tode. Eine

Nacht zerſtörte das Reſultat all deines Studiums, deines gan-

zen Lebens! —
Wer in den lezten paar Wochen der Aufführung einer Pre-
cioſa, Anna Boley, des Freiſchützen, eines Taſſo und der
allgeprieſenen Silberſchlange (Ballet) beigewohnt hat, kann

allein nur den Schmerz in ſeinem ganzen Umfange faſſen den

der Verluſt dieſes herrlichen Lokals in der Bruſt jedes Kunſt-
liebenden erweckt. So iſt der ſchönſte Sehmuck, die erſte Zierde
unſerer Stadt, dahingeſchwunden, nachdem wir kaum 1 Jahre
Uns in deſſen Beſitz erfreuten. ö W..

Die Bevölkerung unſerer ganzen Weltkugel zählt 632 Millio-

nen Menſchen. (Europa 172 M.; Aſien 330; Afrika 703;

Amerika 40; Auſtralien 20 M.). In Europa werden jährlich

6/7374,370 Kinder geboren (ſtündlich 727, jede Minute 1²03

auf der ganzen Erde jährlich 23,407,407 Kinder (fündlich
267², jede Minute 185.)
Die Geſammtzahl der in Amerika herauskommenden Journale

belaͤuft ſich auf 469, (279 Blätter wöchentlich einmal, 138 zwei-
mal, 15 dreimal erſcheinend, und 27 Tageblätter). Von die-

ſen zäblen wenige 1300 und nur drei 4300 Abnehmer.
 
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