Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (3) — 1823
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https://doi.org/10.11588/diglit.22118#0496
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No 92-104 (August 1823)
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- Einband
- Titelblatt
- [Inhalt]
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No 1-13 (Januar 1823)
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No 14-25 (Februar 1823)
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No 26-39 (März 1823)
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No 1 Intelligenzblatt zur Charis
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No 40-52 (April 1823)
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No 53-65 (Mai 1823)
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No 66-78 (Juni 1823)
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No 2 Intelligenzblatt zur Charis
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No 79-91 (Juli 1823)
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No 92-104 (August 1823)
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No 105-117 (September 1823)
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No 3 Intelligenzblatt zur Charis
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No 118-130 (Oktober 1823)
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No 131-143 (November 1824)
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No 144-157 (Dezember 1824)
-
No 4 Intelligenzblatt zur Charis
- Inhalt
- Einband
- Maßstab/Farbkeil
Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.
Nro. 102. Montag den 5. Auguſt 1823.
Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.
Wen n. — Doch im geheimnißvollen Wenn verborgen
— Iſt dieſes Lebens Zierde nicht allein,
‚ Auch eines zweiten Daſeyns ferner Morgen
Wenn in des Daſeyns einfach⸗oͤden Stunden Liegt ahnungsvoll in ſeinem Widerſchein. ‚
Der Freundſchaft milderwärmend reines Licht ö Wenn, was von ewig ſonnenhellen Räumen,
In Seelen, die bewundernd ſich gefunden, Von nie entlaubter Fruͤhlingspracht wir traͤumen,
Der Zweifel menſchenſcheue Nacht durchbricht, Sich glaͤnzender, als wir getraͤumt, enthüllt,
Wenn ſchneller, hoͤher alle Pulſe ſchlagen, Wenn ſich des Herzens frommer, ſtiller Glaube,
Und reicher, kühner die Gedanken wagen Tyranniſch eingepreßt vom Erdenſtaube,
Ins Unermeßliche dahinzuziehn, Im ew'gen Frühling ſtrahlenvoll erfullt,
Wenn der Empfindung gleichgeſtimmte Saiten In klaren, nie vom Schmerz durchtoͤnten, Zonen,
Im Herzen Himmelsharmonie verbreiten, ö Wo ſchrankenlos verklaͤrte Geiſter wohnen —
Weil wir dem Schreckenswort „allein“ entfliehn —
Dann glaͤnzt in hoͤherm Farbenſpiel das Leben, Wenn Hoffnung, die uns pflegend auferzogen,
Dem Lo˖iden ſelbſt iſt ſanfter Troſt gegeben. Mit Blumen unſer junges Herz entzückt,
Im reifen Alter fliehend uns betrogen,
Das Sterbebett mit Morgenröthe ſchmuͤckt,
Wenn ſie das Auge, dem die Erde ſchwindet,
Das brechend von des Todes Macht erblindet,
Mit Engelsfluͤgeln lebensvoll beruͤhrt,
Wenn nach der Wahrheit ew'gem Flammenthrone
Des Forſchers Auge durch den Nebel ſpaͤht
Und aus der fernen, kalten Geiſterzone ö
Dem Kühnen Tod und Nacht entgegen weht,
Mit Nebelbildern ſtreiten die Gedanken, — 5 Und, ſanft entſchwebend dieſes Daſeyns Naͤchten,
Den Geiſt umthürmen immer neue Schranken, Zum Weltenthron des Liebend⸗Allgerechten
Doch ihn verläßt des Seglexs Kühnheit nicht; Des Dulders kerkerfreie Seele fuhrt,
Und wenn der Nebel faͤllt vor ſeinen Augen, — Damit ſein Wort der Herrſchende bewaͤhre,
Sich in die Daͤmmerung die Blicke tauchen, ö Und ſie zum Strahl des ew'gen Lichts verklaͤre —
Er betend ſchaut das heilig-klare Licht, ö ö ö
Dann ruft er aus: ich bin zum Licht gebohren. Wenn über der Geſchichte wildem Wanken
Im Geiſterreich zu hoͤherm Seyn erkohren. Ein alldurchſchau'nder Richter ewig wacht,
Nro. 102. Montag den 5. Auguſt 1823.
Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.
Wen n. — Doch im geheimnißvollen Wenn verborgen
— Iſt dieſes Lebens Zierde nicht allein,
‚ Auch eines zweiten Daſeyns ferner Morgen
Wenn in des Daſeyns einfach⸗oͤden Stunden Liegt ahnungsvoll in ſeinem Widerſchein. ‚
Der Freundſchaft milderwärmend reines Licht ö Wenn, was von ewig ſonnenhellen Räumen,
In Seelen, die bewundernd ſich gefunden, Von nie entlaubter Fruͤhlingspracht wir traͤumen,
Der Zweifel menſchenſcheue Nacht durchbricht, Sich glaͤnzender, als wir getraͤumt, enthüllt,
Wenn ſchneller, hoͤher alle Pulſe ſchlagen, Wenn ſich des Herzens frommer, ſtiller Glaube,
Und reicher, kühner die Gedanken wagen Tyranniſch eingepreßt vom Erdenſtaube,
Ins Unermeßliche dahinzuziehn, Im ew'gen Frühling ſtrahlenvoll erfullt,
Wenn der Empfindung gleichgeſtimmte Saiten In klaren, nie vom Schmerz durchtoͤnten, Zonen,
Im Herzen Himmelsharmonie verbreiten, ö Wo ſchrankenlos verklaͤrte Geiſter wohnen —
Weil wir dem Schreckenswort „allein“ entfliehn —
Dann glaͤnzt in hoͤherm Farbenſpiel das Leben, Wenn Hoffnung, die uns pflegend auferzogen,
Dem Lo˖iden ſelbſt iſt ſanfter Troſt gegeben. Mit Blumen unſer junges Herz entzückt,
Im reifen Alter fliehend uns betrogen,
Das Sterbebett mit Morgenröthe ſchmuͤckt,
Wenn ſie das Auge, dem die Erde ſchwindet,
Das brechend von des Todes Macht erblindet,
Mit Engelsfluͤgeln lebensvoll beruͤhrt,
Wenn nach der Wahrheit ew'gem Flammenthrone
Des Forſchers Auge durch den Nebel ſpaͤht
Und aus der fernen, kalten Geiſterzone ö
Dem Kühnen Tod und Nacht entgegen weht,
Mit Nebelbildern ſtreiten die Gedanken, — 5 Und, ſanft entſchwebend dieſes Daſeyns Naͤchten,
Den Geiſt umthürmen immer neue Schranken, Zum Weltenthron des Liebend⸗Allgerechten
Doch ihn verläßt des Seglexs Kühnheit nicht; Des Dulders kerkerfreie Seele fuhrt,
Und wenn der Nebel faͤllt vor ſeinen Augen, — Damit ſein Wort der Herrſchende bewaͤhre,
Sich in die Daͤmmerung die Blicke tauchen, ö Und ſie zum Strahl des ew'gen Lichts verklaͤre —
Er betend ſchaut das heilig-klare Licht, ö ö ö
Dann ruft er aus: ich bin zum Licht gebohren. Wenn über der Geſchichte wildem Wanken
Im Geiſterreich zu hoͤherm Seyn erkohren. Ein alldurchſchau'nder Richter ewig wacht,