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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (3) — 1823

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No 26-39 (März 1823)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22118#0145

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Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.

Nro. 30. Montag den 10. Maͤrz 1823.

Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.

Elegiſche Epigramme uͤber Athen.

ö 3. Areopag o s. ö
Alles iſt ſtill, durch gebrochnes Gewölk verglimmet der Nach-
ſchein /
Und wir ſtehen allein auf dem Areiſchen Fels.
Sprich, was ſollen die Fackeln, die wankenden? ähnlich dem
Irrlicht
Krümmt ſich der Schimmer herauf durch den gewunde-
nen Gang.
Dunkle Geſtalten, ſie folgen ihm nach, gleich Richtern der
Todten/
Und auf dem felſigen Raum ordnen die Sitze ſich rings.
Wer ſind jene, geſondert entgegengeſtellet dem Halbkreis?
Auf der ſilbernen Bank ſtehen die beiden erhöht;
Hier, der Trotz ausübte, die heiligſten Rechte zu kränken,
Dort, der geſchädigt am Recht blutige Klagen erhebt.
Horch, jetzt ſchwört man den Eid nichts über Bedürfniß zu
•* ö reden/ ö
Eumeniden ihr ſchaut durch die verſchwiegene Nacht.
Kurzgeſprochenes Wort gilt hier für gerechtes. Die Steinchen
Faſſen die Urnen bereits; eines, das tödtliche, — ſiegt.
Schweigend erheben ſich wieder die dunklen Geſtalten, die
ö Fackeln
Wanken zurück — und gehegt iſt das geheime Gericht.
Aber der Frevler wird tief in der Höhle des Felſens begraben:
Rächtlich Gebohrnes wird auch nächtlich gerichtet, ge-
ſtraft.
(Fortſetzung folgt.]

Die Brieftaſche.

— Fortſetzung.
Kaum eine Stunde war ich im Quartier, als Vis-
conti ſchon mich aufzuſuchen kam; und obwohl ich
ihn hier am wenigſten erwartet hatte, ſo war mir's
doch lieb, daß er ſich durch den Augenſchein ſelbſt
uͤberzeugte, wie wenig Antheil ich an den Freuden-
feſten nahm, die ſein Herz mit dem tiefſten Gram
erfuͤllen mußten. Auch war ich froh, ihm endlich
ſeine Brieftaſche wieder geben zu koͤnnen. —
Er war nicht leidenſchaftlich in ſeinen Aeuſſerun-
gen, wie ich gefuͤrchtet hatte, ſondern erzaͤhlte mir
mit einer dumpfen Ungluͤck weiſſagenden Ruhe,

wie ſeine Pflegemutter ihm die Heirath Celeſtinens

mit dem Obriſten als das hoͤchſte Ziel ihrer Wuͤnſche
geſchildert, ihm aber ſeine Liebe als das einzige
Hinderniß des Gluͤckes ihrer Tochter- zum bitterſten
Vorwurfe gemacht habe. Wie ihn der innerliche
Kampf zwiſchen Liebe und Dankbarkeit beinahe

zum Wahnſinn gebracht, und wie er doch am Ende,

von der Mutter Thraͤnen uͤberwunden, eingewilligt
habe, ſeiner Liebe zu entſagen und auf der Stelle
abzureiſen; vorher aber noch auf ihr ausdruͤckliches
 
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