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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (3) — 1823

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No 66-78 (Juni 1823)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22118#0340

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Erſcheint gleich einer Wetter⸗Wolke
Der Führer mit dem rauhen Volke,
Zu ſühnen jene freche That

Im Brand der Unglück-ſchwangern Stadt.

Und an des nahen Kloſters Mauer,
Woraus die Mette dumpf erſchallt,
Macht er mit ſeinen Kriegern Halt,
Stellt Poſten ringsum auf die Lauer;
Begibt ſich dann mit feſtem Tritte
Selbſt in des Kloſters düſtre Mitte,
Allwo den Prior er begehrt
Von Freund' und Feinden gleich geehrt.

Sich lange Zeit mit ihm beſprechend
Kehrt zu den Seinen er zurück,
Beſtehlt hierauf im Augenblick,
Daß ſie, den Tod der Brüder rächend,
Das Städtchen jetzo rings umgeben;
Doch droht er ſelber mit dem Leben
Zu ſirafen, wenn ſich ein Soldat
Erlaube eine Frevelthat!

Hierauf die Krieger ſelbſt vertheilend
Läßt er den Weg zum Kloſter frei,
Stellt ſie zuſammen zwei und zwei,
Und müßig noch ſo lange weilend,
Bis rings herum von Holz geſchichtet
Die Scheiterhaufen ſind errichtet,
Gibt er das Zeichen wohlgemuth
Zu der befohlnen Feuers⸗Gluth.

Und wie in hohen Feuer⸗Säulen
Zum Firmament die Flamme ſprüht,
Im Morgen-Roth der Mond entflieht,
Sieht man jetzt nach dem Kloſter eilen
Den ſchwachen Greis mit weiſſen Haaren,
Der Mädchen braungelockte Schaaren,
Die Mutter mit dem zarten Kind
Beſchirmend es vor rauhem Wind.

Die Flamme wird ſo lang genähret
Mit friſchem Stroh und Holz belegt,
Bis daß die zwölfte Stunde ſchlägt,
Und von dem Brande unverſehret
Sieht man das Städtchen ſich erheben;
Denn nicht allein der Bürger Leben,
Auch ihren Heerd, ihr Hof und Gut
Bewahrt des Kriegers Edelmuth.

Und wie den Rückzug er bereitet,
Drängt raſch im freud'gen Ungeſtüm
Der Bürger⸗Maſſe ſich zu ihm,
Die unter Jubel ihn begleitet;
Und frohe Lieder jetzt erſchallen,
Aks nach dem nahen Kloſter wallen
Die Freund' und Feinde im Verein
Wie es nur Brüder können ſeyn.

Und hin zu ihres Netters Füßen
Wirft ſich im wimmelnden Gedraͤng

Die froh entzückte bunte Meng;
Vor Freuden ihre Thränen fließen;
Und vorwärts ſchreitet im Talare
Der Prior mit dem Silberhaare/
Und ſpricht gerührt mit ſanftem Ton:

»Mein vielgeliebter guter Sohn/

„Gerettet haſt du vom Verderben
„Uns heut die Schmach⸗beſſimmte Stadt,
„Und dieſe edle ſchöne That
5Wird Gottes Segen Dir erwerben:
„Zu arm, den Dank Dir auszudrücken,

„Nimm dieſes Kreuz / mein Sohn, zwar ſchmücken
„Swei andre jetzo ſchon Dein Kleid,

„Beweiſe hoher Tapferkeit.

„Doch dieſes dritte möge zeigen/
„Daß nicht der Muth allein Dich ziert,
„Im Buſen nimmer ungerührt ö
„Des Mitleids ſchön're Triebe ſchweigen;
„Und wenn des furchtbarn Krieges Wüthen
„Einſt ruht im längſt erſehnten Frieden,
„Sey es ein theures Unterpfand
„Im heimathlichen Vaterland

„Von dem, jenſeits der Pyrenäen,
„Am Feind verübten Edelmuth,
„Und in der Steine Feuer⸗Gluth
„Wirſt Du des Dankes Gluth erſehen,
„Die unauslöſchbar mit den Jahren
„Das treue Städtchen wird bewahren
„Dem Krieger, dem die Menſchlichkeit
„Des Lorbeers ſchönſte Kränze weiht.“
Und überall die Freude leuchtet
Des hohen Dankes heil'ge Pflicht,
Die Wonn' aus jedem Auge ſpricht,
Von Freudenthränen nur befeuchtet;
Und in des Abſchieds bittern Stunden
Wird iener herbe Schmerz empfunden,
Den ſonſt nur Freund und Bruder kennt/
Vom Liebſten auf der Welt getrennt.

uUnd ſchon iſt ihm vorangegangen
Der Ruf von ſeiner edlen That,

Wie er die Stadt gerettet hat;

Und nur mit Sorgen und mit Bangen
Hört er zum Feldherrn ſich beſchieden:
Doch in der Bruſt den ſtillen Frieden
Eilt er zu ihm in ſchneller Haſt,
Auf jede Strafe ſelbſt gefaßt.

Doch jener blicket ernſt und ſrenge

Jetzt auf den edlen teutſchen Mann,
Und ſteht ihn lange forſchend an,
Verläßt des Saales bunte Menge
Hierauf, winkt vorwärts ihm zu treten/

Und ohne nur ein Wort zu reden

Sinkt er gerührt an ſeine Bruſt
und theilt mit ihm des Wohlthuns Luſt.
 
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