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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928

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Heft 3
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Kircher, Gerda: Chardins Doppelgänger Roland de la Porte
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https://doi.org/10.11588/diglit.41322#0128
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ruher Kunsthalle, es sind die Nummern 477 und 478 des Koelitzschen Kataloges.
Eberts beurteilte sie folgendermaßen: »Les deux tableaux de Grimoud sont tres
bien pour ce maitre, qui cherchait la couleur doree, qu’il outrait quelque fois;
cependant ces deux tableaux ne sont pas dans cet exces, sur l’un qui est tres
beau un amateur qui veut en avoir les payera toujours ä 25 Louis pour la
pibce« (Bd. 98 Feint.).
La Tempete von W. v. der Velde ließ sich bis jetzt noch nicht ermitteln, der
Karlsruher Katalog verzeichnet unter dem Altbesitz kein Bild dieses Meisters.
»Le joli Oranger« von Roland de la Porte? Wir haben in ihm unzweifelhaft
das berühmte Pommeranzenbäumchen J. B. Simeon Chardins vor uns, das im
Gegensatz zu den vier übrigen Stilleben des Meisters seine Signatur nicht trägt
(Katalog Nr. 495). Unserem Gewährsmanne Eberts dürfen wir in jeder Weise
trauen. Er gehörte zu den angesehensten Kennern und Sammlern von Paris,
in den Ateliers der Künstler bekannt, mit Boucher besonders befreundet1. Im
Jahr 1774 hat er sich außerdem durch die Herausgabe eines periodisch er-
scheinenden Kupferwerkes zur Sitten- und Kostümgeschichte des 18. Jahr-
hunderts einen Namen gemacht. Und wie hätte es Eberts als klugem und ge-
wandtem Geschäftsmanne in den Sinn gekommen sein sollen, ein Bild Chardins,
das schon größere Preise erzielte, unter anderem Namen zu verkaufen? Er
hätte es aber auch nicht wagen können, der in Dingen der Qualität sehr kriti-
schen und schon erfahrenen Fürstin ein Bild anzubieten, von dessen Vortreff-
lichkeit er nicht überzeugt gewesen.
Zwrei Tatsachen zur Beurteilung des Bildes sind noch beachtenswert. Im Salon
von 1763 finden wir, »un Oranger« von Roland de la Porte ausgestellt, das
mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit als das Karlsruher Bild angesprochen wer-
den muß.
Im handschriftlichen Katalog des Malerei-Kabinetts der Markgräfin Caroline
Luise, der 1784 nach dem Tode der Fürstin von Hofkammerrat Wielandt und
Hofmaler Meiling aufgestellt wurde, wird unter Nr. 45 das Orangenbäumchen
verzeichnet und hier Chardin zugewiesen. Dies mag weniger die Nachlässig-
keit der inventarisierenden Beamten als den hohen Rang des Bildes erweisen.
Wer ist also Roland de la Porte, den wir hier als ebenbürtigen Nebenbuhler
so unerwartet neben den großen Chardin treten sehen? Mit Alexander Francois
Deportes, dem bekannten Jagdstillebenmaler, von dem die Karlsruher Kunst-
halle ebenfalls zwei Stilleben besitzt, hat er nichts gemein, dies sei gleich vor-
weggenommen.
Henry Roland Horace de la Porte (geboren 1724, Mitglied der Pariser Aka-
demie 1 763, gestorben 1793) ist — Diderot hat nur zu recht — »un pauvre
victime de Chardin« in dem Sinne vor allem, den wür noch besser formulieren
könnten mit dem Ausruf: »pauvre victime de la critique de Diderot«! — Wir
zitieren die klassische Stelle aus Diderots berühmtem Salon von 1765, mit der
Roland de la Porte ein für allemal seinen Platz angewiesen bekam:
»On a dit mon ami que celui qui ne riait pas aux comedies de Regnard n’avait
pas le droit de rire aux comedies de Meliere. Eh bien, dites ä ceux qui passent
1 Über Eberts und die Karlsruher Bouchers vgl. K. Obser, Zeitschrift für Geschichte des
Oberrheins. N. F. 17.
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