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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928

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Heft 5
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Rundschau
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bloße Wiederholungen wirken. Junge Leiber
von ganz eigener Anmut des Mageren, lässig
im Grünen rastend, waldumschlossenem Was-
ser ihre spröde Nacktheit vertrauend, Zigeuner-
mädchen, Negermädchen, hingelehnt oder un-
endlich behutsam zueinander geschmiegt, ge-
zehrte Köpfe in dunkelsträhnigem Haar,
einige tierhaft scheue und tierhaft selbstver-
ständliche Gesten, das ist alles. Ein Baum von
winkelndem Wuchs, Schilfgebüsch, das die
Muße eines Teiches säumt, allenfalls ein paar
Bauernhäuser: aus so wenigen stets wiederkeh-
renden Elementen webt sich die Landschaft.
Und auch die Ausdrucksmittel versuchen keine
überraschenden Effekte. In wenigen einfachen
Umrissen, rauh und weich angedeuteten Zü-
gen faßt die Schrift des Pinsels die eckig ver-
haltene Figur, die gedämpft glutende, mit-
unter fast monochrom über einen tief schim-
mernden Grundklang schattende Farbe zusam-
men. Es ist nun schon durchaus gewohnt, und
desto wunderbarer in seiner jedesmaligen Un-
gewöhnlichkeit. Jede dieser gobelinhaft träu-
menden Leinwände, dieser zephirenen Zeich-
nungen tönt dasselbe Lied, doch aus der Uner-
schöpflichkeit einer tiefen Musik immer er-
neut als ein einziges.
Ausgehend von der sehr zutreffenden Wahr-
nehmung, daß in der Kunst unserer Zeit das
Aquarell sich weitgehend aus der untergeord-
neten Stellung des Nebenprodukts zu bildmä-
ßiger Vollwertigkeit entwickelt hat und, vom
Typus einer leicht angetuschten Handzeich-
nung durch Format, farbige Schwerkräfte und
Ausführlichkeit nun deutlich abgehoben, als
malerisches Definitivum zu erachten ist, in vie-
len Fällen sogar als die Form, in der der be-
treffende Künstler am reinsten und gültigsten
sich auszusprechen vermag, — hat die Galerie
Neumann-Nierendorf höchst umsichtig
eine Folge entsprechend ausgebildeter Blätter
zusammengestellt. Besonders scbön sind Klee,
Baumeister, Hofer, Kerschbaumer, Groß,
Nolde, Schmidt-Rottluff, Heckei und auch
hier wieder Otto Mueller vertreten; mit stark
konstruktiven, viadukt-romantischen Land-
schaften fällt Xaver Fuhr auf, eine neue Er-
scheinung von Rang. Man darf heute Samm-
lern sehr raten, sich auf Aquarelle zu spezia-
lisieren.
Der Ostpreuße Max Neumann, dessen Ar-
beiten Otto Wacker ausstellt, verhehlt nicht
den befruchtenden Einfluß Corinths, noch den
kaum geringeren Cezannes auf seine vor allem
koloristisch lebendige und sensitive Kunst. Die
Fügung bewältigt nicht immer ganz die auch
erzählerisch betonte Farbigkeit, doch ist in


Bronzenes Schreibzeug in Gestalt eines
hockenden Kriegers
Griine Patina. Höhe ohne Speer 18 cm. Han-Zeit
Ausgestellt bei Dr. Otto Burchard & Go., Berlin
manchen der aus Mittel meerländern heimge-
brachten Bilder das Räumliche nun durch tek-
tonische Eingliederungen recht eigenartig be-
festigt, Selbständigkeit des Ausdrucks gewon-
nen.
Bei dem römelnden Russen Georg K i r s t a,
den man in der Galerie Wiltschek ken-
nenlernt, kann ein sehr äußerliches Geschick,
Glätte der Haut oder seidiger Stoffe wiederzu-

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