Achmann
Münchner Neue Sezession
Vorfrühling
MALEREI IN MÜNCHEN / SOMMER 1928
VON FRANZ ROH
Vom Glaspalast kann nicht im Einzelnen gehandelt werden. Denn er bleibt
ein vielheitliches Ungeheuer, umwandet von seiner zartgliedrigen — heute
wieder aktuellen — Eisenkonstruktion. Doch sei zugegeben: die Zentrierungs-
versuche vorigen Jahres erfuhren gewisse Fortsetzung. Die große Eingangshalle
wurde einheitlich der Plastik gewidmet, obgleich gerade diese heute in Krisis
liegt. Krisis heißt hier nicht, wie bei den Ismen der Malerei, »vieltältigstes
Versuchen«. Sondern »gekonntes, geschmackvolles Mittelmaß«. Gewisse Grund-
fehler aller Skulptur des 19. Jahrhunderts sind getilgt, innerhalb gehalteneren
Niveaus aber fehlen größere Würfe, vor allem spezifische Zeitaufgaben.
Obgleich sich der Glaspalast bezeichnenderweise als jährliche Sammelstätte vor
allem der Malerei und Plastik fühlt (denn diese Künste waren im 1 9. Jahrh.
führend), wären heute entscheidende Räume für Architekturentwürfe frei-
zumachen, wenn man Zeitfunktion behalten will. Denn in der Architektur liegen
alle soziologischen Großfragen gestalterischer Verantwortung. Für alle Völker.
Auch rein ästhetisch hat sich innerhalb der Künste der Akzent verschoben. Wel-
chem Umstande, als Folge eines Kubismus und Konstruktivismus (diese Begriffe
im weiteren Sinne gefaßt), endlich voll ins Auge gesehen werden muß. Keine
Ahnung bekam man von dem, was in der schöpferischen, nicht nachhinkenden
Architektenjugend vorgeht, wenn man an diesen wenigen, meist eklektischen
Architekturfotos vorüberwandelte. Die kleine Abteilung für Innenraumgestal-
tung hatte mehr Niveau, aber auch sie müßte (eine Erholung bei Bilderwande-
Münchner Neue Sezession
Vorfrühling
MALEREI IN MÜNCHEN / SOMMER 1928
VON FRANZ ROH
Vom Glaspalast kann nicht im Einzelnen gehandelt werden. Denn er bleibt
ein vielheitliches Ungeheuer, umwandet von seiner zartgliedrigen — heute
wieder aktuellen — Eisenkonstruktion. Doch sei zugegeben: die Zentrierungs-
versuche vorigen Jahres erfuhren gewisse Fortsetzung. Die große Eingangshalle
wurde einheitlich der Plastik gewidmet, obgleich gerade diese heute in Krisis
liegt. Krisis heißt hier nicht, wie bei den Ismen der Malerei, »vieltältigstes
Versuchen«. Sondern »gekonntes, geschmackvolles Mittelmaß«. Gewisse Grund-
fehler aller Skulptur des 19. Jahrhunderts sind getilgt, innerhalb gehalteneren
Niveaus aber fehlen größere Würfe, vor allem spezifische Zeitaufgaben.
Obgleich sich der Glaspalast bezeichnenderweise als jährliche Sammelstätte vor
allem der Malerei und Plastik fühlt (denn diese Künste waren im 1 9. Jahrh.
führend), wären heute entscheidende Räume für Architekturentwürfe frei-
zumachen, wenn man Zeitfunktion behalten will. Denn in der Architektur liegen
alle soziologischen Großfragen gestalterischer Verantwortung. Für alle Völker.
Auch rein ästhetisch hat sich innerhalb der Künste der Akzent verschoben. Wel-
chem Umstande, als Folge eines Kubismus und Konstruktivismus (diese Begriffe
im weiteren Sinne gefaßt), endlich voll ins Auge gesehen werden muß. Keine
Ahnung bekam man von dem, was in der schöpferischen, nicht nachhinkenden
Architektenjugend vorgeht, wenn man an diesen wenigen, meist eklektischen
Architekturfotos vorüberwandelte. Die kleine Abteilung für Innenraumgestal-
tung hatte mehr Niveau, aber auch sie müßte (eine Erholung bei Bilderwande-